Sana Blaubuch
Burn-outs auch unsere Kinder und Jugendlichen erreicht hatten, wurde klar, dass gesunde Alte nicht ausreichten, eine Gesellschaft wirklich stabil zu halten, wenn gleichzeitig die Kinder immer kränker wurden. Kinder, die schon im Kindergarten auf den Weg zum Prädikatsexamen geschickt wurden. Kinder, die zwar perfekt das nächste Level des Intelligenz fördernden Onlinespiels bewältigten, aber beim Rennen über eine Wiese aussahen, als würden sie das erste Mal in ihrem Leben draußen spielen. Eltern waren keine Seltenheit, die ihren Sprösslingen nicht deshalb Nachhilfeunterricht geben ließen, weil die Klassenarbeiten schlecht benotet worden waren, sondern um sie rechtzei- tig auf den Lernstoff des nächsten Schuljahres vorzubereiten—eine Folge falsch verstandener Bildungspolitik. Und wenn das nicht ausreichte, gab es ja noch die Neuroenhancer. Diese Pharmazeutika steigerten die geistige Leis tungsfähigkeit und waren seit Jahren bereits der tägliche Begleiter der Erwachsenenwelt. Unsere Gesellschaft hatte es auch hier geschafft, aus Kindern kleine Erwachsene zu machen. Und nun hatten diese kleinen Erwachsenen auch dieselben Erkrankungen wie ihre großen Vorbilder. Und das ist das Problem, an dem wir im Jahr 2051 gera- de arbeiten. Wir werden sehen, ob wir auch das werden lösen können. Besser wäre es gewesen, wenn man vor 40 Jahren begonnen hätte, es zu verhindern. Gerade schiebt eine junge Mutter ihren Kinder wagen vorbei. Ich denke mir: Kinder sind auch heute keine kleinen Erwachsenen. Sie sind am Anfang hilflos, werden umsorgt und betreut. Sie lernen gehen, werden mobil und streben hinaus in die Welt. Am Ende sind die Menschen wieder hilflos und oft einfach nur krank, weil sie zu wenig mobil sind. Ich denke an meinen Roboter zu Hause und lächle. Er nimmt mir im Haushalt wahnsinnig viel Arbeit ab. Oje, in einer halben Stunde findet in der Charité ein Vortrag statt. Thema: Wie alt werden wir morgen? Da möchte ich mit 90 auf jeden Fall dabei sein. «Kinder sind am Anfang hilflos, werden umsorgt und betreut. Sie lernen gehen, werden mobil und streben hinaus in die Welt. Am Ende sind die Menschen wieder hilflos und oft einfach nur krank, weil sie zu wenig mobil sind. » 2 0 5 1 M a r k u s M ü s c h e n i c h E S S AY 15
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