Sana Blaubuch

Bei Jüngeren macht der Größenunterschied bis zu drei Zentimeter aus, bei Älteren ist er kaummehr messbar. Verantwortlich für das tägliche Schrump- fen und Wachsen sind die insgesamt 23 Bandscheiben des Menschen. Sie enthalten Flüssigkeit und wirken wie Stoßdämpfer, die verhindern, dass die knöchernen Wirbel direkt aufeinandersitzen. Außerdem tragen sie auch zur Beweglichkeit des Rückgrats bei. Im Stehen und Sitzen wirkt im Laufe des Tages ständig hoher Druck auf sie ein. Dadurch gibt die Band- scheibe Flüssigkeit ab und die Scheibendicke verringert sich. Im Liegen nimmt die Bandscheibe wieder Wasser auf und lässt uns am nächsten Morgen in voller Größe erwachen. Bandscheiben besitzen keine Blutgefäße Bandscheiben ernähren sich durch diese Flüssigkeitsdiffusion, ähnlich wie ein Schwamm, der im Wasser zusammengepresst und wieder losgelas- sen wird. Die Bandscheibe kann ihren Stoffwechsel also nicht selbständig steuern, sondern ist auf den ständigen Wechsel von hohem und niedrigem Druck angewiesen. Um gesund und funktionsfähig zu bleiben, braucht die Bandscheibe einen gleichmäßigen und ausgewogenen Wechsel zwischen Stehen, Sitzen, Laufen und Liegen, also zwischen Be- und Entlastung. B a n d s c h e i b e n Wachstum im Schlaf Seltsam, aber wahr: Morgens nach dem Aufstehen ist der Mensch größer als abends. Ob in Harmonie, in akro- batischer Bewegung oder auch krank und verletzt: Die Wirbelsäule ist seit Jahrhunderten ein beliebtes Motiv für Maler, Bildhauer und Architekten. Von Leonardo da Vinci (1452–1519) stammt die erste anatomisch korrekte Darstellung der menschlichen Wirbel- säule mit ihrer typischen s-förmigen Krümmung. Der Rücken als Sinnbild für Schönheit und Erotik inspirierte Michelangelo, Rubens, Dalí und Picasso zu ihren berühmten Rücken- akten. Architekten wie Antoni Gaudí und Frei Otto haben die Struktur der Wirbelsäule als per- fekte Einheit von Form und Funktion in ihren Bauten aufgenommen. Weltbekannt sind die abstrakten Rück- gratskulpturen zeit- genössischer Bildhauer wie Henry Moore und Anthony Cragg. fig.: Frida Kahlo wurde nach einem Unfall mehrfach an der Wirbelsäule operiert und litt ihr ganzes Leben unter den Unfallfolgen. Ihre körperlichen und seelischen Qualen hat sie mit ihrem berühmten Bild «Die gebrochene Säule» (1944) künstlerisch verarbeitet. fig.: Bei gesunden Menschen hält ein fester Faserring zwischen den einzelnen Wirbelkörpern den elastischen Gallertkern der Bandscheibe. Bei zu starker Belastung oder als Folge langjähriger Abnutzung kann die gallertartige Masse durch den spröde gewordenen Ring austreten und schmerzhaft auf die Nerven im Rückenmark drücken. Wirbelsäule in der Kunst Bildnis für Schönheit und Schmerz M a r t i n u s r i c h t e r / R i c h a r d s ta n g l / Uwe v i ewe g A u f s t r e b e n 17

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