Sana Blaubuch
36 K O N Z E N T R I E R E N J O A C H I M WE I L / T H OM A S H O F M A N N / H E N R I K S C H N E I D E R / F R A N Z H A R T M A N N «Für den allgemeinenArzt sind angeborene Herz- erkrankungen von extrem geringem Interesse. Fälle, die das Erwachsenenalter erreichen, sind äußerst selten. » Seinerzeit waren die Worte des berühmten Internisten William Osler sehr realis- tisch. Heute, gut ein Jahrhundert später, leben in Deutschland etwa 300.000 Menschen mit an- geborenen Herzfehlern—und viele führen ein ganz normales Leben bis ins hohe Alter. Zum Beispiel jene 70-Jährige, die nach Jahrzehnten ohne Beschwerden immer öfter Atemnot hatte. Bei der Herzultraschalluntersuchung im Sana Hanse-KlinikumWismar stellte sich heraus, dass sie ein etwa sechs Millimeter großes Loch in der Trennwand zwischen den beiden Herzvorhöfen hatte—einen sogenanntenAtriumseptumdefekt. «Solche Zufallsbefunde sind bei diesem ange- borenen Herzfehler nicht selten», sagt der be- handelnde Kardiologe und Chefarzt der Klinik für Kardiologie, Dr. Henrik Schneider. «Bei vielen Patienten kann das Herz die Symptome bis ins sechste Lebensjahrzehnt gut kompensieren, doch danach werden sie immer stärker. » F R Ü H E R K A N N T — G U T G E B A N N T Beschirmte Herzen Defekte des Vorhofseptums gehö- ren zu den häufigsten angeborenen Herzfehlern. Manche lassen sich sogar ohne Herzoperation korrigieren. Wie entstehen angeborene Herzfehler? Das Herz ist das allererste Organ, das während der Embryo- nalentwicklung ausge- bildet wird—und gleichzeitig dasjenige, bei dem die meisten Fehlbildungen auftreten. Bereits in der dritten Schwangerschaftswo- che entwickelt sich die Herzhöhle, und die Zellen, die zum Herz- muskel heranwachsen, beginnen rhythmisch zu pulsieren. Das Herz ist zu dieser Zeit ein etwa zwei Millimeter langer, gebogener Schlauch. Durch komplizierte Drehungen bildet sich das Herz schließlich vollständig aus. Viele Herzfehler entstehen in dieser Entwicklungs- phase, zwischen der dritten und siebten Schwangerschafts woche. Die Ursachen dafür sind in den meisten Fällen unklar. In Deutschland kommt jedes 100. Baby mit einem Herzfehler zur Welt, etwa 75 bis 80 Prozent müssen operiert werden. fig.: Der Herzschlag des Embryos ist ab der achten Schwangerschaftswoche auf dem Ultraschall erkennbar, ab der 16. Woche auch ein Herzfehler. «Je frühzeitiger der Herzfehler behandelt wird, desto besser ist die Belastbarkeit der Patienten. » PD Dr. med. habil. Henrik Schneider Chefarzt der Kardiologie Sana Hanse-Klinikum Wismar
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