Sana Blaubuch
J O A C H I M WE I L / T H OM A S H O F M A N N / H E N R I K S C H N E I D E R / F R A N Z H A R T M A N N K O N Z E N T R I E R E N 37 Kleine Vorhofseptumdefekte verursachen auch langfristig kaum Beschwerden, doch ab einer gewissen Größe ist der Blutfluss im Herzen ge- stört. Weil der Blutdruck im linken Vorhof etwa sechsmal höher ist als im rechten, strömt eine gewisse Blutmenge durch das Loch in den rech- ten Vorhof und die rechte Kammer bis in den Lungenkreislauf. Dadurch gelangt weniger Blut in den Körperkreislauf, und die erhöhte Blutmenge belastet das rechte Herz und die Lungengefäße. Wegen der ständigen Volumenüberlastung vergrö- ßert sich das rechte Herz und bildet eine Rechts- herzinsuffizienz aus, außerdem sklerosieren die Lungengefäße. Schlimmstenfalls tritt die gefährliche Eisen- menger-Reaktion ein: Wenn der Blutdruck in der Lunge den des Körperkreislaufs übersteigt, fließt das Blut irreversibel von rechts nach links statt umgekehrt. Weil das Blut dadurch weniger Sau- erstoff anreichert, wird die Haut der Betroffenen bläulich. Dann hilft nur noch die Transplantation des Herzens und der Lunge. «Solche dramatischen Krankheitsverläufe sind heute aber selten, durch die intensive medizinische Beobachtung von Säuglingen und Kleinkindern werden die meisten angeborenen Herzfehler rechtzeitig erkannt und behandelt », so Schneider. Defektverschluss mit Schirmchen Eine der häufigsten Formen des Vorhofseptum- defekts kann heute sogar mit einem schonenden Kathetereingriff behandelt werden. Über einen kleinen Schnitt in der Leiste schiebt der Kardio- loge den Katheter über die Vene bis in den linken Vorhof. Dann führt er ein zusammengefaltetes Doppelschirmchen, Occluder genannt, durch den Defekt hindurch, spannt es auf und verschließt damit das Loch von beiden Seiten. «Die Wirkung des Eingriffs hängt wesentlich davon ab, wie weit die Schädigung des rechten Herzens fortgeschrit- ten ist », erklärt Schneider. «Je frühzeitiger der Defekt behandelt wird, desto besser ist die Belast- barkeit der Patienten. » So wie bei jener jungen Frau, die während ihrer Schwangerschaft plötzlich eine massive Rechtsherzschwäche bekam. Bei der Untersuchung entdeckten die Ärzte einen 20 Millimeter großen Vorhofseptumdefekt. Nach der Entbindung hat das Wismarer Kardiologenteam den Defekt mit einem Schirmchen verschlossen, nun kann die Patientin ohne Risiko weitere Kinder bekommen. Standardisierte Entscheidungspfade verbessern die Qualität Nach Schema SOP Geballtes Expertenwis- sen auf einem Blatt Papier—die sogenann- ten Standard Operating Procedures , kurz SOP, sind schriftlich fixierte Abläufe, die den Ärzten helfen, sich beim Erkennen und Behan- deln von Krankheits- symptomen auf das Wesentliche zu konzentrieren und richtige Prioritäten zu setzen. Kommt etwa ein Patient mit Thoraxschmerzen in die Notaufnahme, arbeitet das Behand- lungsteam rasch und systematisch ein fest- gelegtes Untersu- chungsschema ab. Wenn sich der Verdacht werden vermieden. Erfahrene Ärzte formulieren die jeweilige SOP unter Berücksichti- gung des aktuellen Fachwissens. Auch eher seltene Aspekte einer Erkran- kung sind in den Entscheidungspfaden berücksichtigt und müssen nicht extra nachgelesen werden. Trotz aller Standardi- sierung bleibt die individuelle Situation des Patienten stets im Fokus , meint Dr. Hartmann. «Die Orientierung an festgelegten Abläufen ersetzt natürlich nicht das ärztliche Denken. » auf Herzinfarkt zunächst nicht bestätigt, weiß jeder im Team, dass zur Kontrolle nach vier Stunden ein weiteres EKG und eine Blutent- nahme folgen müssen. «Die SOPs schaffen reproduzierbare Qualität und verbessern die Effizienz des ärztlichen Handelns», erklärt Dr. Franz Hartmann, Chefarzt der Kardiolo- gie in den Sana Kliniken Ostholstein. Der Patient profitiert dabei auch von der besseren Organisation seines Klinikaufenthaltes. Wartezeiten etwa verkürzen sich und Doppeluntersuchungen «Standardi- sierte Behand- lungsabläufe schaffen reproduzier- bare Qualität und verbessern die Effizienz des ärztlichen Handelns. » PD Dr. Franz Hartmann Chefarzt der Kardiologie Sana Kliniken Ostholstein, Klinik Eutin
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