Sana Blaubuch

16 K O N T R O L L I E R E N WE LT D E R K E I M E oft ohne Symptome. Problematisch werden MRGN-Bakterien erst, wenn sie aus demDarm oder von der Haut in Wunden, in die Blutbahn oder in andere Körperregionen eindringen. Kommt es dann zu einer Infektion, etwa einer Lungen- oder Harnwegsentzündung, kann der Patient mit einem der wenigen noch wirksamen Antibiotika behandelt werden. Ist er mit den Keimen aber nur besiedelt, wäre eine Behandlung wenig nutzbringend. Bei Patienten, die MRSA-Erreger in sich tragen, können die Keime mit antibakteriellen Nasensalben oder Ganzkörperwaschungen weitgehend abgetötet werden. Diese sogenannte Dekolonisierung ist bei Darmbakterien kaummöglich und würde die Resistenzbildung der Bakterien unnötigerweise fördern. «Das sollte unbedingt vermieden werden, denn MRGN-Bakterien können ihre ausgebildete Resistenz über Gentransfer sogar an andere Bakterienarten weitergeben», erklärt Meyer. Volle Kontrolle Umso wichtiger ist es, diese tückischen Keime im Krankenhaus strikt unter Kontrolle zu halten. Sobald ein besiedelter oder infizierter Patient identifi- ziert wird, müssen alle mit- und nachbehandelnden Abteilungen darüber informiert werden. Außerdem werden der nachgewiesene Keim und alle durchgeführten Hygienemaßnahmen in der Patientenakte dokumentiert. Den Nachweis eines 4 MRGN müssen die Hy- gienefachkräfte sogar an das Gesundheitsamt melden. Außerdem ist das mikrobiologische La- bor angehalten, alle Daten zu nachgewiesenen MRGN-Bakterien monatlich an die Hygienever- antwortlichen weiterzuleiten. Damit können sie exakt nachvollziehen, wie sich die Verbreitung dieser Keime entwickelt hat. Unter Kontrolle Dieter K. konnte nach einer Woche wieder entlas- sen werden. Dem Schlaganfall-Patienten ging es besser, doch die Besiedelung mit MRGN-Bak- terien wird er so schnell nicht loswerden. Bevor er das Krankenhaus verließ, ermunterte ihn der behandelnde Arzt, zu Hause dennoch ein ganz normales Leben zu führen—sofern er und seine Angehörigen die wichtigste Maßnahme gegen Keimverbreitung einhalten: sorgfältiges und häu- figes Händewaschen. Keime als Urlaubssouvenir Global unterwegs— lokal in Gefahr Jeder fünfte Reisende bringt nach einem Aufenthalt in einem tropischen oder subtropischen Land Darmkeime mit nach Hause, die gegen viele Antibiotika resistent sind. Das hat eine fin- nische Studie ergeben. Besonders betroffen waren Personen, die in Südostasien, Süd- asien oder Nordafrika unterwegs waren. Noch höher war der Anteil der Betroffenen, die während ihrer Rei- se—etwa wegen eines Durchfalls—Antibiotika eingenommen hatten. 80 Prozent dieser Probanten waren mit multiresistenten Darm- bakterien besiedelt. Die Wissenschaftler warnen davor, Antibio- tika während Fernreisen zu früh und unnötiger- weise einzunehmen. Vermutlich verändert eine Antibiotikabehand- lung die Darmflora so, Pandemien früher und heute dass sich die resisten- ten Enterobakterien besser ausbreiten können. Zwar erkrankte keiner der Studienteil- nehmer an der Besiede- lung, doch die Gefahr besteht, dass Träger die tückischen Keime weiter- verbreiten. Immerhin braucht die Darmflora etwa ein halbes Jahr zur Normalisierung. Die Spanische Grippe breitete sich Anfang 1918 ausgehend von den USA über Truppen- bewegungen zunächst nach Frankreich und bis 1920 weltweit aus. SARS verbreitete sich Ende Februar 2003 ausgehend von Hongkong binnen weniger Tage durch Reisende auf mehrere Kontinente und folgte dabei dem Wegenetz des internationalen Flugverkehrs.

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