Sana Blaubuch

J O A C H I M B Ä U E R L E K OMM U N I Z I E R E N 49 « Bei der Hygiene gibt es für mich kein Grau, sondern nur Schwarz oder Weiß. Denn ein bisschen Isolation gibt es nicht, es geht nur entweder—oder!» Joachim Bäuerle ist ein Mann der Tat. « Ich bin Pragmatiker. Nicht lange reden, wie man etwas tun will, sondern gleich anpacken und tun. » Seit 16 Jahren leitet der 50-Jährige das Orthopädie- und Querschnittgelähmten-Zentrum der Universi- täts- und Rehabilitationskliniken Ulm (RKU) im Bereich Pflege. Hier werden Patienten in jeglicher Lähmungshöhe bis hin zu dauerbeatmungs­ pflichtigen Personen betreut. Und nicht nur dort, sondern auch über den Krankenhausaufenthalt hinaus. «Wir bleiben auch nach der Rehabilitation in Kontakt mit ihnen. Un- sere Devise lautet: lebenslange Nachsorge. » Bäuerle liebt seinen Beruf. «Es bewegt mich, zu den Patienten über einen längeren Zeitraum auch eine Beziehung aufzubauen. Das fordert und för- dert einen. Denn es gibt Leute, die große Schwie- rigkeiten haben, mit ihrer Krankheit umzugehen. Da wachsen beide Seiten. » Hygiene ist der Dreh- undAngelpunkt auch auf seiner Abteilung, betont Bäuerle. «Wenn wir hier nachlässig werden, gibt es Riesenprobleme.» Zum Beispiel bei Beatmungspatienten. Wer mit dem Beatmungsequipment schludrig umgehe, riskiere beim Patienten eine lebensbedrohliche Lungen- entzündung. Das Gleiche gelte für die Wundver- bände, wo man der Übertragung von Erregern durch das konsequente Tragen von Kunststoff- schürze und Mundschutz begegnet. Doch die Anstrengungen, so Bäuerle, müssen noch stärker intensiviert werden. Ziel sei es, in den nächsten Jahren eine 100-prozentige Durchdringung der Hygienevorschriften bei den Mitarbeitern zu errei- chen. Von den Reinigungskräften bis zumChefarzt. Denn der Spruch «Man geht kränker aus dem Krankenhaus hinaus, als man hineingeht »müsse endgültig der Vergangenheit angehören, schmun- zelt Bäuerle. Privat legt der Familienvater von drei Kindern zwar «Wert auf eine gewisse Reinlichkeit, aber imhäuslichen Bereich nicht zu übertrieben». Den Einsatz von Desinfektionsmitteln imnormalen Haushalt hält er für überflüssig. «Den einen oder anderen Keim abzubekommen, schadet unserer Abwehr nicht.» Etwas sensibler ist Bäuerle, wenn er hierzulande in das öffentliche Leben blickt. « In Deutschland stehen wir in Sachen Hygiene vielleicht bei 60 Prozent. Schauen Sie nur, wenn in einer Bäckerei mit dem gleichen Handschuh, mit dem die Semmel herausgeholt, auch das Geld kassiert wird. Da bin ich pingelig. Und bei vielen Veranstal- tungen sind die Toiletten ein hygienisches No-Go. Ich fasse keine öffentliche Toilettentür mit der blo- ßen Hand an. Da nehme ich entweder Jackenär- mel oder Ellenbogen», konstatiert Bäuerle. «Ziel ist immer, dass querschnittgelähmte Menschen wieder die größtmögliche Selbständigkeit erreichen. Das ist eine lebenslange Aufgabe, auch nach der Rehabi- litation. »

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