Sana Blaubuch

Z N A S TA R K E MOM E N T E 17 schalten—eine für die Patienten überlebens- wichtige Expertise. Allein an diesem Freitag versorgt das Offen- bacher Notfallteam noch drei Patienten mit Herz- infarkt, einen mit drohender Blutvergiftung, meh- rere mit Thromboseverdacht. Ein Volltrunkener schläft seinen Rausch im Ausnüchterungsraum der Notaufnahme aus. Eine Patientinmit infektiöser Magen-Darm-Entzündung wird in der von außen zugänglichen Infektionskabine versorgt. Und im Wartebereich verfolgen die leichter Erkrankten mehr oder weniger entspannt das Fernsehpro- grammoder bedienen sich amKaffeeautomaten. Auch dort hängt übrigens ein Monitor, der die Belegung der 24 Behandlungsplätze der Notauf- nahme anzeigt, anonymisiert und in Echtzeit. «Wenn die Patienten mit eigenen Augen sehen, dass bei uns viel los ist, akzeptieren sie dieWartezeit eher», Manchester-Triage-System Warten mit System Hat sich der Patient mit Rückenschmerzen bloß verhoben oder leidet er unter einer lebensbe- drohlichen akuten Entzündung der Bauchspeicheldrüse? Steckt hinter dem geschwollenen Bein einer Schwangeren eine harmlose Wasserein­ lagerung oder eine gefährliche Thrombose? Hat das fiebernde Kind eine Hirnhautentzün- dung oder nur überbe- sorgte Eltern? Antworten darauf gibt das Manchester-Triage- System. Das weltweit anerkannte Instrument zur Ersteinschätzung von Patienten liefert für die 56 gängigsten Beschwerdebilder bei Notfällen zuverlässige Kriterien dafür, wer wie schnell einen Arzt sehen muss. Die standardisierte Patientenbefragung gleich bei der Anmel- dung dauert nur wenige Minuten und beginnt mit der Hauptbe- schwerde des Patien- ten. Anschließend werden einzelne Symptome nach vorgegebenen Dia- grammen abgefragt und damit Risiken mit abnehmender Dringlich- keit ausgeschlossen. Diese Ersteinschätzung in der Notaufnahme ersetzt nicht die ärztliche Diagnose und schließt niemanden von der Behandlung aus. Vielmehr können die Patienten sicher sein, dass ihre Warte- zeit bis zum ersten Arztkontakt mit diesem Instrument objektiv und richtig eingeschätzt wird. Das Manchester-Triage- System wurde Anfang der 1990er-Jahre in Großbritannien entwickelt. Die histori- schen Wurzeln der Triage reichen aber bis in die Französische Revolutionszeit zurück. Dem Grundsatz der Gleichheit aller Bürger folgend, entschieden Ärzte in Pariser Kranken- und Siechen- häusern mithilfe einer Triage (« trier » sortie- ren ), welche Patienten einer stationären Aufnahme bedurften und welche ambulant behandelt werden konnten. fallbeispiel Ein 33-jähriger Mann kommt zu Fuß in die Notaufnahme und klagt über Schwierigkeiten beim Atmen und Schmerzen in der Brust. Das Triage- Team fragt die Symptome mit dem Diagramm «Thoraxschmerz» nach folgendem Schema ab: Gefährdeter Atemweg? Unzureichende Atmung? Schock? Herzschmerzen? Akute Atemnot? Unnormaler Puls? Sehr heiß? Stärkster Schmerz? Anhaltendes Erbrechen? Etwa vorausgegange- ne Operationen oder Herzkrankheiten in der Familie? Heiß? Mäßiger Schmerz? Erbrechen? Überwärmt? Jüngeres Problem? Jüngerer leichter Schmerz? wenn ja Dringlichkeit Rot: sofortige Behandlung notwendig wenn ja Dringlichkeit Orange: Behandlung innerhalb zehn Minuten wenn ja Dringlichkeit Gelb: Behandlung innerhalb 30 Minuten wenn ja Dringlichkeit Grün: Behandlung innerhalb 90 Minuten Dringlichkeit Blau: Behandlung innerhalb 120 Minuten fig . e Patienten kommen auch in die Notaufnahme, weil sie die Nummer des ärztlichen Bereitschaftsdiensts nicht kennen: 116 117 (bundesweit). meint Kiefl. «Aber eigentlich wäre es besser, wenn sie mit ihren Beschwerden frühzeitig zumHausarzt gehen. Und nicht erst, wenn es brenzlig wird, zu uns in die Notaufnahme. »

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