Sana Blaubuch

L A B O R S TA R K E MOM E N T E 19 Könnte der Patient jetzt spüren, was mit sei- nem Blut passiert, ihm würde wohl schwindlig werden. Die soeben entnommene Probe rast in einer zylinderförmigen Box mit sechs Metern pro Sekunde durch das Rohrpostsystem der Klinik und poltert in die Materialannahme des Labors. Kurz darauf laufen einige Tropfen des Patientenbluts durch einen Automaten, der den Körpersaft mit Laserlicht beschießt und Abertausende seiner Zellen durchzählt und einordnet. Kaum eine Minute nach Befüllung spuckt das sogenannte Durchflusszytometer ein großes Blutbild aus—40 Werte, von der Konzentration der roten Blutkörperchen und des Blutfarbstoffs bis zur Menge und Verteilung der verschiedenen Typen weißer Blutkörperchen. Diese Blutanalyse zeigt schwarz auf weiß, ob der Patient unter einer Infektion, einer Mangel­ erkrankung oder Blutarmut leidet. Der nächste Laborautomat schäumt das Serum auf und ermittelt die Konzentration seiner chemi­ schen Bestandteile—Elektrolyte, Eiweiße, Choles­ terin, Glukose, Botenstoffe. Diese Werte offenba- ren zum Beispiel Erkrankungen von Organen wie Leber, Niere oder Schilddrüse. Mithilfe von Anti- körpern kann das Gerät sogar Krankheiten auf- spüren, die noch gar nicht ausgebrochen sind, etwa den HI-Virus nachweisen oder die Veranlagung für Allergien. Insgesamt 4000 Werte kann das Großlabor des Lausitzer Seenland Klinikums Hoyerswerda ermitteln, vom Blutgerinnungsfaktor vor Opera- tionen bis zur Leukämietypisierung für die Krebs- therapie. Damit spielt das Labor eine gewichtige, wenngleich oft unterschätzte Rolle im klinischen Alltag. die ersten automati- schen Analysegeräte. Sie erledigen über Nacht, was vorher tage- lange Arbeit für den Laboranten bedeutete. 1941 kommt der erste Schnelltest für die Urinanalyse, der den Zuckergehalt sichtbar macht. 1968 erfindet Prof. Wolfgang Göhde in Münster die Durch- flusszytometrie. Das bahnbrechende Dia- gnoseverfahren kann pro Sekunde etwa 1000 Zellen vermessen und zuordnen. 1983 wird die Polymerase-Ketten- reaktion entdeckt, ein Verfahren zur Kopie von DNA-Abschnitten, das als Revolution der Labormedizin gilt. Heute arbeitet die klinische Mikrobiologie zunehmend mit der Massenspektrometrie. Diese Analysen sind ungleich schneller und präziser als herkömmliche. fig . Robert Koch gilt neben Louis Pasteur als Begründer der modernen Bakteriologie und Mikrobiologie. «Zwar entscheidet letztlich der Arzt über die Behandlung des Patienten, doch wir stehen in ständigem Austausch mit ihm», sagt Dr. Hans- Peter Maidhof, Chefarzt des Instituts für Labo- ratoriumsmedizin, Mikrobiologie und Kranken- haushygiene. «Nahezu jede ärztliche Entscheidung fig . c In der klinischen Chemie verteilt ein Automat die Blutprobe auf kleine Rotorblätter und bestimmt ihre che- mischen Bestandteile. fig . b Bis zu 80 Prozent aller Diagnosen im Krankenhaus stützen sich auf die Arbeit der Laboratoriumsmedizin.

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