Sana Blaubuch

PAT H O L O G I E S TA R K E MOM E N T E 25 Krebserkrankungen spielt, hat er auch einen festen Platz im Team der Tumorkonferenzen. Bei diesen regelmäßigen Treffen diskutieren die beteiligten Fachärzte jeden ihrer Patienten unter verschiedenen Aspekten und suchen gemeinsamnach dembes­ ten Behandlungsansatz. Anwalt des Patienten Den unmittelbaren Kontakt zum Patienten ver- misst Niedobitek nicht, eher betrachtet er die nüchterne Distanz als Vorteil seines Fachgebiets: «Wir begreifen uns in gewissem Sinn als Anwalt des Patienten, indem wir nämlich kritisch und unemotional an die Verdachtsdiagnosen der Ärzte herangehen und erst einmal genau hinschauen, was wirklich vorliegt. Eine wesentliche Eigenschaft des Pathologen ist dieser gesunde Zweifel am ersten Eindruck. » Die Patienten profitieren übrigens auch davon, dass jedes Paraffinpräparat nach der Analyse mehrere Jahrzehnte im Archiv des Instituts auf- bewahrt wird. Falls ein neues Therapeutikum für eine Krebserkrankung zur Verfügung steht, kann der Pathologe das archivierte Präparat auf dessen Wirksamkeit testen und den Patienten am medi- zinischen Fortschritt teilhaben lassen. Auch die voranschreitende Digitalisierung der Pa- thologie verspricht für die Zukunft noch schnel- lere, exaktere und objektivere Diagnosen. Schon bald könnte der Bildschirm das Mikroskop als wichtigstes Arbeitsgerät des Pathologen ablösen, prognostiziert Niedobitek: «Heute schätze ich mit dem Auge ab, wie schnell ein Tumor wächst. Morgen reicht vielleicht ein Knopfdruck, und auf demMonitor erscheint sofort die genaue Wachs- tumsrate in Prozent. » Zum Schluss dann doch noch ein kurzer Ab- stecher zu den historischen Wurzeln der Patho- logie—demSektionsraum imKeller des Instituts. In der Mitte der Sektionstisch aus Stahl, darüber eine große Lampe, genauso wie im Krimi. Hier allerdings darf das Skalpell nur an den Leichnam gesetzt werden, wenn die Angehörigen zustimmen und eine Straftat ausgeschlossen ist—dann wäre die Rechtsmedizin zuständig. Klinische Obdukti- onen dienen der genauen Klärung der Todes- ursache, der Aus- und Weiterbildung von Ärzten, und sie können wichtige Hinweise auf familiäre Risiken wie Erbkrankheiten geben. Somit arbeitet der Pathologe sogar am Seziertisch letztlich wie- der im Dienst seiner wichtigsten Klientel—den lebenden Patienten. fig . Nach der Befundung werden alle Gewebeproben archiviert, damit sie auch Jahre später für nachträg- liche Untersuchungen zur Verfügung stehen. info Rudolf Virchow gilt als Gründervater der Pathologie. 1858 brachte ihm die Erkenntnis Weltruhm ein, dass Krankheiten auf Störungen der Körperzellen beruhen.

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