Helene Maucher

Pflege auf Augenhöhe

Zum Wohle des Patienten

Helene Maucher ist die Pflegemanagerin des Jahres 2018. Im Interview spricht die Pflegedirektorin des RKU über die Spezialisierung ihres Berufsstandes, Arbeit auf Augenhöhe und die heilende Kraft der Zuwendung.

Frau Maucher, der Bundesverband für Pflegemanagement und Springer Pflege haben Sie zur Pflegemanagerin des Jahres 2018 gekürt. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?
Diese Auszeichnung ehrt mich sehr und bestätigt meine Motivation, einen Kulturwandel zu schaffen. Wir brauchen eine Pflege auf Augenhöhe mit allen anderen Berufsgruppen, wenn wir den aktuellen Herausforderungen unserer Zeit gewachsen sein wollen.

Sie sehen die Notwendigkeit eines Kulturwandels. Wie beurteilen sie die Situation der Pflege in Deutschland?
Das Image der Pflege ist deutlich besser, als es in der Öffentlichkeit zuweilen den Anschein hat. Vor allem Ärzte betonen immer wieder, wie wichtig die Pflegekräfte für den reibungslosen Ablauf im Krankenhaus sind. Dabei gehen die Aufgaben weit über die pflegerische Betreuung der Patienten hinaus. Das ist übrigens keine neue Entwicklung, sondern tief in der Geschichte dieses Berufsstandes verankert.

Inwiefern?
Früher wurden Kliniken von Pflegekräften geleitet. Sie waren Experten für komplexe Beschwerdebilder und eine umfassende Versorgung. Die Mediziner kamen als Konsiliarärzte ins Haus, um die Patienten zu begutachten, zu beraten und zu behandeln. Der Blick zurück zeigt also, dass der Pflegeberuf schon immer ein sehr verantwortungsvoller war. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Das Image der Pflege ist deutlich besser, als es in der Öffentlichkeit zuweilen den Anschein hat.

Helene Maucher, Pflegedirektorin an den Universitäts- und Rehabilitationskliniken Ulm
Bereichsleitung Pflege der Sana Kliniken AG

Sie sprechen die vielfältigen Aufgaben an, die Pflegekräfte seit jeher zu bewältigen haben. Wie hat sich das Berufsbild mit den Jahren gewandelt?
Die Akademisierung hat auch in der Pflege an Bedeutung gewonnen. Neben den Pflegeschulen, in denen Krankenhäuser wie das RKU den Pflegenachwuchs selbst ausbilden, gibt es mittlerweile Bachelor- und Master-Studiengänge, die für Führungsaufgaben in der Pflege qualifizieren. Das RKU unterhält beispielsweise Kooperationen mit der Hochschule Neu-Ulm und der Dualen Hochschule Baden-Württemberg.

Wie können Pflegekräfte und Patienten von der zunehmenden Akademisierung profitieren?
Die Akademisierung schafft für das Pflegefachpersonal neue Möglichkeiten der beruflichen Weiterentwicklung. Die Studiengänge qualifizieren für komplexe Aufgaben innerhalb des Klinikbetriebes und bereiten die Teilnehmer auf Leitungspositionen vor. Im Krankenhaus führt die Akademisierung der Pflege zu einem Miteinander auf Augenhöhe, wobei die Pflegekräfte auch bei strategischen und konzeptionellen Fragen eingebunden werden – etwa bei der Neugestaltung der Notaufnahme im RKU. Patienten wiederum profitieren von der fachlichen Spezialisierung, etwa in der Beatmungstherapie oder der Versorgung von Querschnittpatienten.

Die Akademisierung ist eine Entwicklung in der Pflege. Welche Trends zeichnen sich noch ab?
Wie schon in der Medizin gewinnt die Digitalisierung auch in der Pflege an Bedeutung. Die Digitalisierung von Prozessen, die Digitalisierung von Patientenakten, die Digitalisierung der gesamten Dokumentation – das alles ist sehr komplex, führt aber letztlich zu einer Zeitersparnis, die die Pflege-Experten für die Betreuung der Patienten aufwenden können.

Es klingt, als entwickle sich der Pflegeberuf immer stärker zur Wissenschaft. Dabei ist doch gerade die Nähe zum Patienten für die Genesung entscheidend.
Wissenschaft und Nähe sind kein Widerspruch. Natürlich ist es wichtig, Qualitätsfaktoren zu identifizieren und Kennzahlen für eine evidenzbasierte Pflege zu erheben. Ebenso entscheidend sind aber der direkte Kontakt zum Patienten, Empathie und Ethik. Sie tragen entscheidend dazu bei, dass die Menschen gesund werden. Wenn dann noch junge, akademisch ausgebildete Pflegekräfte und erfahrene Kollegen zusammen arbeiten, entsteht ein Klima, in dem eine Versorgung auf höchstem Niveau möglich ist – zum Wohle des Patienten.

Sie haben die Pflege in vielen Bereichen kennengelernt – von der Basis bis in die Führungsebene. Was macht für Sie ganz persönlich Ihren Beruf auch nach dieser langen Zeit noch wertvoll?
Es ist immer erfüllend, wenn man einen Patienten nach einer schweren Diagnose begleiten kann und es gelingt, ihn nach Hause in sein gewohntes Umfeld zu entlassen. Die Zusammenarbeit mit dem Leitungsteam und allen Pflegekräften auf den Stationen macht großen Spaß. Dem Einsatz der Kolleginnen und Kollegen ist es zu verdanken, dass am RKU rasante Fortschritte erzielt werden konnten. Das RKU verbindet das Beste aus zwei Welten: die Universitätsmedizin auf der einen und einen starken privaten Klinikbetreiber auf der anderen Seite. Diese Kombination macht meinen Arbeitsplatz zu einem ganz besonderen.