Sana Blaubuch

Ärzteteam gemäß demAlter und den Begleitkrankheiten des Patienten, ob eher ein Katheterverfahren oder eine herzchirurgische Operation empfeh- lenswert ist. Dabei orientieren sie sich an europäischen Leitlinien und einem Punktesystem, das die Risiken einer Operation beschreibt. «Die Leitlinien geben einen sinnvollen Rahmen vor, lassen demHerzteam aber den Spiel- raum, nach dem physischen und psychischen Gesamtbild des Patienten zu urteilen», so Harnath. Wichtig seien auch die Einbindung des Patienten in das familiäre Umfeld und seine Kommunikationsfähigkeit, ergänzt Krülls- Münch: «Es wäre ein völlig falscher Weg, wenn Angehörige den katheter- gestützten Eingriff für ihre Verwandten einfordern, obwohl diese in ihrer Wahrnehmung bereits sehr eingeschränkt sind. » In Deutschland werden mittlerweile knapp ein Drittel aller Aortenklap- penersatz-Operationen kathetergestützt vorgenommen. Das heißt aber nicht, dass die Kardiologen die Herzchirurgen auf diesemGebiet arbeitslos machen. Vielmehr haben Studien gezeigt, dass noch vor kaum einem Jahr- zehnt 30 Prozent der älteren Patienten mit Aortenklappenstenose überhaupt nicht versorgt wurden, weil der chirurgische Eingriff persönlich nicht ge- wünscht oder aus ärztlicher Sicht zu riskant gewesen wäre. Diesen Hoch- risikopatienten kann dank der TAVI-Intervention heute geholfen werden. Ohne diesen Eingriff hätte die Notfallpatientin vom Silvestervortag das neue Jahr wohl nicht mehr erlebt. Dank ihrer neuen Herzklappe kann sie ihren Alltag nun wieder selbständig meistern. Heldentat fürs Herz fig.: Schon während sei- ner Studienzeit hat sich Werner Forßmann mit der Herzdiagnostik beschäf- tigt. Doch seine Idee, das Herz mit einem Katheter zu untersuchen, wurde jahrzehntelang nicht ernst genommen. fig.: Das Röntgenbild der ersten Herzkatheter- untersuchung im Frühjahr 1929: Über den Oberarm schob Forßmann den Gummischlauch 65 Zentimeter weit bis in die rechte Herzkammer vor. Mit dem verwegenen Experiment wollte Werner Forßmann Karriere machen: Im Sommer 1929 schlich sich der junge Assis- tenzarzt in einen Operationssaal, schnitt sich in die Ellenbeuge und trieb den Schlauch eines Harnkatheters durch die Armvene bis zur rechten Herzkam- mer vor. Seinen heroischen Selbstver- such dokumentierte er mit einem Röntgenbild und einem Aufsatz, der sofort das Aufsehen der Boulevardpresse erregte. Weniger begeistert war sein Chef, der berühmte Ferdinand Sauerbruch von der Berliner Charité. Er entließ den beherzten Mediziner mit den Worten: «Mit solchen Kunststück- chen habilitiert man sich im Zirkus und nicht an einer anständigen deutschen Klinik! » Erst 27 Jahre später wurde seine Geschichte zur Legende: 1956 erhielt Forßmann den Medizin-Nobel- preis—für die Erfindung des Herzkatheters. 20 K O N Z E N T R I E R E N A X E L H A R N AT H / J Ü R G E N K R Ü L L S - M Ü N C H «Ohne Behandlung liegt die Lebens- erwartung von Patienten mit schwerer Aortenklappenverkalkung bei maximal zwei Jahren. » Dr. Jürgen Krülls-Münch Chefarzt Kardiologie Sana-Herzzentrum Cottbus

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