Sana Blaubuch

Herzmythologie Der Muskel, der die Welt bewegt 58 B L A U B U C H I N S H E R Z Im Alten Testament ist das Herz der Sitz der inneren Wahrheit und der Einsicht . Bis heute spiegelt sich die Sicht in der englischen und französischen Wendung für «auswendig lernen»: «to learn by heart », «apprendre par cœur ». Bei den Menschen- opfern der Azteken überreichten Priester das Herz einer Sonnen- gottheit. Dem Glauben nach musste die Sonne mit Menschenherzen genährt werden, damit sie die Erde erleuchten kann. Die wohl früheste Darstellung des Herzens fand sich in der Höhle von Pindal in Nordspanien. Die Zeichnung zeigt ein Mammut mit rotem Fleck auf der Brust und ist um 15.000 v. Chr. entstanden. Die Minnesänger und Troubadours des Mittelalters besangen das Herz als Symbol der Erotik und des verführerischen Spiels. Populäre Illustration für Liebesszenen ist das rote Efeublatt—als Sinnbild für das liebende Herz. fig.: «Herz mit Flammen»—bei Seeleuten galt diese Täto- wierung oft der Liebe zum Meer oder den Liebsten in der Heimat, denen man ewige Treue schwören wollte. Die Sprachforschung geht davon aus, dass weltweit kein Wort häufiger in Wendungen oder Sprichwörtern vorkommt wie Herz. Seit den ersten PCs ist ♥ sogar als Sonder- zeichen programmiert: man drücke einfach Alt + 3 auf dem Ziffernblock. Im antiken Griechen- land wurden das Herz und die Brust als Zentrum der Gemüts- bewegungen betrachtet, als Schauplatz für Streit, Freude, Sponta- nität, Triebe und Leidenschaft. Im alten Ägypten galt das Herz als Zentrum der Vernunft , des Denkens, des Überle- gens und als unbe- stechlicher Zeuge des Charakters. Deshalb wurde es Verstorbenen entnommen und gewogen. Ein guter Mensch zeichnete sich durch ein großes, gewichtiges Herz aus.

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