Dr. Biren Desai bespricht mit Madleen Q. vor der Entlassung das Operationsergebnis (Foto: Stefan Mülders)

Bitte beachten Sie:
Konkrete Beispiele für die erfolgreiche Behandlung bestimmter Krankheitsbilder bieten keinen Anlass zur Selbstdiagnose, auch nicht, wenn die geschilderte Ausgangslage die gleiche zu sein scheint. Jeder Fall ist individuell zu betrachten und sollte unbedingt von medizinischen Expertinnen und Experten eingeschätzt werden.
Gerade operative Eingriffe sind meist erst der letzte Schritt in einer Reihe von unterschiedlichen Therapiemöglichkeiten.

Madleen Q. „entdeckte“ ihre Skoliose erst im Alter von 20 Jahren. Von Dr. Biren Desai wurde ihr im Sana Dreifaltigkeits-Krankenhaus die Wirbelsäule operativ korrigiert.

Den Rücken ins Lot gebracht

Für Madleen Q. waren die ersten Tage nach der Operation zwar nicht einfach und ihre Beweglichkeit wird noch eine ganze Weile eingeschränkt sein, aber die 21-Jährige ist schon jetzt sehr froh, den Schritt gemacht zu haben. Dr. Biren Desai, Chefarzt der Wirbelsäulenchirurgie im Sana Dreifaltigkeits-Krankenhaus Köln, hatte ihr auch im Hinblick möglicher späterer Komplikation zu einer Korrektur-Operation an der Wirbelsäule geraten, bei der die Wirbelsäule versteift wird. Die fortgeschrittene Skoliose hatte bei der jungen Frau in der Brustwirbelsäule (BWS) bereits eine Krümmung von 70 Grad hervorgerufen, in der Lendenwirbelsäule (LWS) von 43 Grad.

Der Wirbelsäulen-Experte war die letzte Hoffnung

Die Veränderung an der Wirbelsäule wurde bei Madleen Q. erst sehr spät entdeckt. Ihrem Freund war die ungewöhnliche Körperhaltung aufgefallen, als sie 20 Jahre alt war. Es folgten ab Februar 2020 mehrere Untersuchungen bei verschiedenen Ärzten und in Kliniken. Über das Deutsche Skoliose Netzwerk kam dann der Kontakt zum Sana Dreifaltigkeits-Krankenhaus und zu Dr. Desai zustande. „Ich hatte bis dahin einen etwas unbefriedigenden Termin-Marathon mit teilweise langen Wartezeiten hinter mich gebracht und Dr. Desai war so etwas wie meine letzte Hoffnung“, sagt Madleen Q. „Und schon das erste Gespräch im Februar 2021 war gleichermaßen aufschlussreich und schonungslos“, erinnert sie sich. Der Wirbelsäulen-Experte hatte ihr angeraten, sich am besten noch im gleichen Jahr operieren zu lassen. Da in ihrem Alter ein flexibles wachstumsbegleitendes Implantat nicht mehr in Frage kam, blieb nur die dauerhafte Korrektur mit Versteifung der BWS. „Er hat mir auch mögliche Komplikationen eindrucksvoll geschildert und sehr anschaulich verdeutlicht, welche Beschwerden ohne Operation auf mich zukommen könnten.“

Warum kann die BWS versteift werden?

Eine Versteifung der Brustwirbelsäule (BWS) über mehrere Wirbelkörper – wie es bei einer vorliegenden starken Skoliose geraten wird – ist deshalb auf Dauer unproblematisch, weil von diesem Teil der Wirbelsäule kaum Bewegung ausgeht. Der Oberkörper wird überwiegend aus der Schulterpartie heraus bewegt, die BWS hat daran keinen aktiven Anteil.
Daher treten nach einer Versteifung in diesem Bereich in der Regel keine spürbaren Bewegungseinschränkungen auf.

Rückenschmerzen wurden in der Jugend falsch interpretiert

Anders als bei anderen Skoliose-Patienten hatte Madleen Q. die Begleiterscheinungen einer Skoliose in Form von Schmerzen bereits früh bemerkt, aber nicht richtig zugeordnet. Bereits zu Beginn ihrer Ausbildung habe sie immer wieder Rückenschmerzen gehabt. „Aber ich habe das damals eher auf Bewegungsmangel und geringe sportliche Aktivität zurückgeführt.“ Eine klassische Fehleinschätzung, wie Dr. Biren Desai sie immer wieder erlebt. „Die Skoliose beginnt meist im Alter von etwa zwölf Jahren. Das ist eine Lebensphase bei jungen Menschen, in denen Eltern sie nicht mehr oder kaum noch nackt zu sehen bekommen.“ Dadurch würden die Haltungsschäden, durch Kleidung verdeckt, nicht oder nur zufällig auffallen. Schmerzen begleiten die beginnende Skoliose selten – oder sie werden wie im Falle von Madleen Q. eben falsch interpretiert. „Man kann davon ausgehen, dass die Skoliose bei Madleen bereits fortgeschritten war, als sie die Rückenschmerzen verspürte“, meint Dr. Biren Desai.

Vor der Entscheidung: Umfangreiche Informationen sind wichtig

Bevor Madleen sich zu einer Operation an ihrem Rücken durchringen konnte, wollte sie sich noch weiter informieren. „Ich rate meinen Patientinnen und Patienten sogar dazu, solche Entscheidungen nicht leichtfertig zu treffen“, sagt. Dr. Desai. „Dazu geben wir dann auch gerne Kontaktdaten anderer Betroffener weiter, die aus ihrer Erfahrung berichten können. Außerdem gibt es zum Beispiel beim Skoliose-Netzwerk oder bei Selbsthilfegruppen Informationen zum Thema.“ Da Madleen Q. über das Deutsche Skoliose Netzwerk zu Dr. Desai gekommen war und hier bereits viele Informationen bekommen hatte, nahm sie das Angebot wahr, eine andere Patientin kontaktieren zu können. Erst nach diesem intensiven Erfahrungsaustausch fiel ihre Entscheidung.

Alles im Lot: Krümmung der Wirbelsäule wurde operativ behoben

Mitte September desselben Jahres war es dann soweit: Madleen Q. wurde an der Wirbelsäule operiert. „Das eingebrachte Metall, Titan, mit dem die Wirbelsäule versteift wird, bleibt anschließend dauerhaft im Körper“, erklärt Dr. Desai. „Damit wird für eine hohe Stabilität in der Wirbelsäule gesorgt und späteren Komplikationen durch die Skoliose vorgebeugt. Im Falle von Madleen konnten wir die starke Krümmung in der BWS von 70 Grad auf zirka 20 Grad reduzieren und in der LWS von 43 Grad auf 13 Grad. Das ist schon enorm und sorgt zudem dafür, dass der Körper jetzt ausbalanciert ist.“ Das bedeutet, dass die obere Halswirbelsäule und die unter Lendenwirbelsäule nun auf einer vertikalen Linie liegen, also im Lot sind. Und ganz nebenbei ist die 21-Jährige quasi über Nacht um ganze fünf Zentimeter gewachsen. „Daran müssen mein Freund und ich uns erst mal gewöhnen“, lacht Madleen, die sich zehn Tage nach der Operation schon wieder richtig gut fühlte und bereits die ersten Treppen steigen konnte. Zwei Tage später wurde sie entlassen. „Die Operation ist ganz sicher kein kleiner Eingriff. Aber trotz zunächst stark eingeschränkter Bewegungsmöglichkeiten – alles geht nur sehr langsam und vorsichtig – fühle ich mich den Umständen entsprechend schon richtig gut.“

Mobilisation schon kurz nach der Operation

Wie bei vielen anderen orthopädischen Operationen werden Patientinnen und Patienten auch nach Eingriffen an der Wirbelsäule möglichst frühzeitig mobilisiert.
So sollen sie schon kurz nach der Operation – je nach Befinden und Uhrzeit des Eingriffs sogar noch am gleichen Tag – aus dem Bett aufstehen und sich zumindest ein wenig bewegen. Das Wichtigste dabei ist, den Kreislauf in Schwung zu halten, ohne den Körper und insbesondere den Rücken dabei zu stark zu belasten.

Ein halbes Jahr kein Sport

Mindestens sechs Monate lang darf Madleen keinen Sport machen. Auch keine Physiotherapie. „Danach aber sollten Beweglichkeit und Belastbarkeit zum größten Teil wiederhergestellt sein“, sagt Dr. Biren Desai. Bei normalem Verlauf sind etwa zwei Nachsorgetermine im Krankenhaus während dieser Zeit vorgesehen. Weitere Arzttermine im direkten Zusammenhang mit der Versteifungsoperation an der Wirbelsäule sind dann nicht mehr notwendig.

(Köln, Oktober 2021)

Möglichkeiten der Skoliose-Behandlung

  • Konservative Behandlung mit Krankengymnastik
    (ca. 0°-20° Wirbelsäulenkrümmung)
  • Konservative Behandlung mit Korsett und Krankengymnastik
    (ca. 20°-40° Wirbelsäulenkrümmung)
  • Operation, abhängig vom Alter und persönlicher Krankengeschichte
    (ab ca. 40° Wirbelsäulenkrümmung)