Psychologie und Neuropsychologie

Entwicklung einer realistischen Lebensperspektive

Neurologische Erkrankungen mit ihren vielfältigen Beeinträchtigungen stellen einen gravierenden Einschnitt im Leben eines jeden Patienten dar. Neben körperlichen und kognitiven Einschränkungen treten dabei häufig auch behandlungsbedürftige affektive Störungen auf. Insbesondere die Diagnose "MS" bedeutet für die Betroffenen in der Regel eine erhebliche psychische Belastung. Die Auseinandersetzung mit der Tatsache, unter einer chronischen Erkrankung zu leiden, die zu zunehmenden Behinderungen führt, ist besonders für Berufstätige und junge Erkrankte nur schwer zu bewältigen.

Die psychologische Behandlung zielt vor allem darauf ab, gemeinsam mit dem Rehabilitanden schrittweise einen Weg zu finden, der eine Brücke zwischen den Schwierigkeiten auf der einen Seite sowie den persönlichen Lebenszielen auf der anderen Seite schlagen kann. Von zentraler Bedeutung ist dabei die Entwicklung einer realistischen Lebensperspektive.

Oberstes Ziel ist es, die Reintegration in das Erwerbsleben vorzubereiten bzw. einen möglichst langfristigen Verbleib im Arbeitsprozess zu gewährleisten. Zudem soll dysfunktionalen Bewältigungsstilen, wie z.B. Substanzmissbrauch oder sozialem Rückzug, wirksam vorgebeugt werden.

Voraussetzung dafür ist eine umfassende neuropsychologische Diagnostik und Analyse der kognitiven Probleme und psychischen Ausgangsbedingungen des Patienten. Darauf basierend wird ein ganzheitlicher, ressourcenorientierter Behandlungsansatz auf verhaltenstherapeutischer Grundlage verfolgt. Besondere Berücksichtigung finden dabei das Paradigma der Selbstregulation nach Kanfer et al. sowie die Selbstwirksamkeitstheorie nach Bandura.

Dabei kommen folgende therapeutischen Maßnahmen zum Einsatz:

  • Behandlung kognitiver Defizite (PC-gestützt sowie in Form von Gruppenaktivitäten)
  • Einübung kompensatorischer kognitiver Techniken und sozialer Kompetenzen (Einzeln und in der Gruppe)
  • Beratung über geeignete Hilfsmittel zum Ausgleich neuropsychologischer Einschränkungen
  • Training arbeitsrelevanter Basisqualifikationen
  • Beurteilung der Fahreignung und bei Bedarf Behandlung fahrrelevanter Leistungen (in Kooperation mit der Fahrschule für Behinderte des Berufsförderungswerks Bad Wildbad)
  • stufenweises Erfahrbar-Machen und Konfrontieren mit den eigenen Schwierigkeiten im kognitiven, emotionalen und sozialen Bereich
  • gleichzeitig intensiv stützende Psychotherapie und Herausarbeiten persönlicher Stärken und Ressourcen
  • Förderung der aktiven Auseinandersetzung mit dem aktuellen Zustand statt Verleugnung und Verzweiflung
  • Informationsvermittlung zur Verbesserung der Compliance
  • Frühzeitige Beratung und Betreuung von neu erkrankten und jungen MS-Patienten (REMUS-Konzept)
  • Vermittlung von Strategien zur Streßbewältigung (Entspannungstechniken, Psychoimagination, kreatives Arbeiten in der Gruppe)
  • Gesundheitserziehung und Gesundheitsvorträge

Bei entsprechender Eignung besteht die Möglichkeit einer täglichen klinikinternen vorberuflichen Belastungserprobung. Ziel dieser Maßnahme ist vor allem die Einschätzung der beruflichen Basisqualifikationen wie adäquater Arbeitsstil, Einhalten der Arbeitszeiten, Auffassungsgabe und Aufgabenverständnis, Nachfragen bei Unklarheiten, Umgang mit unvorhergesehenen Schwierigkeiten, Streßtoleranz und soziale Kompetenz.

Alle therapeutischen Maßnahmen werden nach Möglichkeit im Alltag erprobt, um den Transfer in die Alltagssituation zu gewährleisten sowie die weitere Therapieplanung zu optimieren. Hierzu werden auch die Angehörigen intensiv mit in die Behandlung einbezogen.

Leitung Neuropsychologie

Heike Meissner

Heike Meissner
Klinische Neuropsychologin GNP, Psychologische Psychotherapeutin

Tel.: 07081 173-319
heike.meissner@sana.de