Borna

Proktologe Dr. med. Frank Hiltmann im Interview

Analfisteln: Keine falsche Scham

Erkrankungen des Enddarms beeinträchtigen die Lebensqualität. Eine Form sind Analfisteln. Hilfe gibt es in der proktologischen Sprechstunde am Sana Klinikum Borna, wo jährlich etwa 80 Fisteloperationen durchgeführt werden. Wir haben mit Oberarzt Dr. Frank Hiltmann, Facharzt für Chirurgie und Proktologe, über Symptome, Diagnostik und Therapie gesprochen. 

Was sind Analfisteln?

Hiltmann: Analfisteln sind von Drüsen ausgehende Gewebegänge, die sich am unteren Ende des Verdauungstraktes bilden. Die innere Öffnung der Fistel befindet sich tief im Afterbereich oder im Mastdarm, die äußere Fistelöffnung auf der Hautoberfläche neben dem Anus.

Was sind die Ursachen?

Entzündungen der Afterdrüsen, die zwischen dem inneren und äußeren Schließmuskel enden. Bei einer chronischen Entzündung kommt es zu einer Eiteransammlung, die sich einen Weg durch das Gewebe neben und am After nach außen sucht. 

Wie machen sich Fisteln bemerkbar?

Betroffene klagen über Schmerzen, die mit wechselnder Intensität unabhängig vom Stuhlgang auftreten. Hinzu kommen Eiter- und Blutabsonderungen aus kleinen Poren am After. 

Welche Patientengruppe ist betroffen?

Analfisteln treten am häufigsten zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr auf, bei Männern häufiger als bei Frauen, da bei Männern die Afterdrüsen deutlicher als bei Frauen ausgeprägt sind. Im Grunde kann die Erkrankung jeden treffen. Sie ist nicht unbedingt durch den Lebensstil beeinflussbar.

Wie läuft die Diagnostik?

Eine Blick- und Tastuntersuchung reicht in fast 100 Prozent der Fälle aus. Das Problem ist, Erkrankungen des Analbereichs sind ein Tabu. Viele, die zu uns in die Sprechstunde kommen, haben einen langen Leidensweg hinter sich.

Wie sieht die Behandlung aus?

Die richtet sich nach der  Lage der Fistel zu den anatomischen Strukturen im Enddarmbereich und nach der Ausdehnung im Gewebe. Fisteln heilen nicht von allein aus, sie können nur operativ entfernt werden. Oberstes Gebot ist dabei die Erhaltung der Schließmuskelfunktion und damit die Stuhlkontinenz, um dem Patienten ein normales soziales Leben zu erhalten. 

Welche Operationsmethoden wenden Sie an?

Ist der Schließmuskel nicht oder nur geringfügig betroffen, kann das Fistelgewebe herausgeschnitten werden. Alternativ ist ein plastischer Verschluss möglich. Dabei wird die Fistel ausgeschnitten und die innere Öffnung mit Schleimhaut aus dem Darm verschlossen. Beim Plaque-Verschluss verwenden wir Biomaterial, das in den Fistelgang eingesetzt wird, sich später abbaut und durch körpereigenes Narbengewebe ersetzt wird. Der Vorteil: Die Wunde ist kleiner, der Patient hat weniger Schmerzen und das Risiko einer Schließmuskelschädigung geringer. Schonend ist auch die Radiofrequenztherapie. Hier wird der Fistelgang thermisch behandelt. Die Narbe dient als körpereigenes Ersatzgewebe. 

Wie lange muss man im Krankenhaus bleiben, wie sieht die Nachbehandlung aus?

Im Schnitt zwei Tage, beim Plaque- und Radiofrequenztherapieverfahren meist nur einen Tag. Danach sind regelmäßige Kontrollen wichtig. Die Patienten erhalten Pflegehinweise für Zuhause. Dazu gehören das Ausduschen der offenen Wunden im Analbereich und Vorlegen von Kompressen. Gegebenenfalls muss der Stuhlgang reguliert werden. 

Janet Schütze
Leitung Unternehmenskommunikation Region Sachsen/Franken
Tel.: 03433 21-1075
<link>janet.schuetze@sana.de