Borna/Zwenkau

Ethikforumsleiter gibt Tipps zum Thema »Patientenverfügung«

»Patientenverfügungen nach einiger Zeit erneuern oder ergänzen«

Nach einer höchstrichterlichen Entscheidung zu den Anforderungen an Patientenverfügungen haben Verbraucherschützer dazu geraten, ein solches Dokument genau zu überprüfen. Worauf es ankommt, das erläutert der Leiter des <link https: www.kliniken-leipziger-land.de ihr-aufenthalt ethik-in-den-sana-kliniken-leipziger-land.html external-link-new-window external link in new>Ethikforums am Sana Klinikum Borna, Dr. Alexander Reinshagen. 

Müssen jetzt wirklich alle Patientenverfügungen neu gemacht werden?
Reinshagen: Zunächst einmal möchte ich zu Ruhe und Besonnenheit mahnen. Das aktuell durch den Bundesgerichtshof getroffene Urteil ist in seinem Ansinnen gar nicht neu. In den Leitfäden zur Verfassung von Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht, zum Beispiel vom Sächsischen Staatsministerium und vom Bayrischen Ministerium für Justiz finden sich seit langem die Hinweise auf eine konkrete Festlegung, zum Beispiel auch hinsichtlich einer fortgesetzten bzw. künstlichen Ernährung. Das aktuelle Urteil sagt uns meiner Meinung nach nur, dass wir Patientenverfügungen konkreter fassen sollen. In dem Fall, der jetzt zur erneuten öffentlichen Diskussion der Rolle von Patientenverfügung geführt hat, waren die Töchter, nicht die betreuenden Ärzte, hinsichtlich der Bedeutung einer fortgesetzten künstlichen Ernährung uneins, inwieweit dies eine »lebensverlängernde Maßnahme« ist.

Was bedeutet es aber für die derzeit verfassten Patientenverfügungen?
Auch wenn es offiziell nicht nötig ist, gilt die Empfehlung, Patientenverfügungen nach gewissen Zeitabschnitten oder auch in einer veränderten Lebenssituation (wenn der lebensverneinende Wittwer zum Beispiel eine neue Liebe findet) zu erneuern oder zu ergänzen. Jeder, der bereits eine Patientenverfügung verfasst hat, sollte jetzt die Chance nutzen, seine Angaben zu konkretisieren und diese handschriftlich zu ergänzen. Dabei sollten Fragen beantwortet werden wie z.B.: Will man künstlich, also durch eine Magensonde ernährt werden? Kann man einem Dementen, der dies so für sich festgelegt hat, ab einer gewissen Schwere der Demenz, die Nahrung entziehen? Kann man ihn durch eine künstliche Ernährung »dahinvegetieren oder dahinsiechen« lassen?

Warum ist das so wichtig?
Betrachtet man künstliche Ernährung, weil selbständig nicht mehr möglich, als das, was sie ist: Therapie, die einer ärztlichen Anordnung (des Legens der Magensonde) bedarf und zieht man in Betracht, dass auch die Rechtssprechung in Deutschland sich noch nicht klar zur Ernährung bei nicht mehr reparierbarem Hirnschaden uneins ist, wird einem bewusst, wie wichtig es ist, hier für sich selbst und seine Angehörigen Klarheit zu schaffen.

Wozu sind neben einer Patientenverfügung noch Vollmachten nötig?
Während mit einer Patientenverfügung festgelegt wird, wie Angehörige und Mediziner für den Fall der eigenen Entscheidungsunfähigkeit verfahren sollen, sollte man diesem Willen durch eine Vorsorgevollmacht Nachdruck verleihen.  Eine Vorsorgevollmacht gibt einer oder mehreren Personen des Vertrauens juristische Handhabe, der Patientenverfügung Geltung zu verschaffen, sie ggf. gegen andere durchzusetzen. Dabei ist es hilfreich, wenn der zu gesunden Zeiten Vollmacht Erteilende bzw. Verfügende mit den Bevollmächtigten den Inhalt auch der Patientenverfügung besprochen hat.

Viele haben Angst, dass sie nach Verfassen oder Vorlegen einer Patientenverfügung nicht mehr medizinisch behandelt werden. Stimmt das denn?
Grundsatz einer Patientenverfügung ist es zumeist, dass die durch einen Arzt des Vertrauens oder zwei unabhängige Ärzte festgestellte Unfähigkeit zur eigenen Entscheidung irreversibel, das heißt, nie wiederkehrend, besteht. Eine solch schwerwiegende Entscheidung wird heute kein Mediziner voreilig treffen, so dass ein Akutpatient, zum Beispiel mit einem sehr schweren Hirninfarkt oder mit Bewusstseinsverlust zunächst als Notfall mit der Hoffnung auf vollständige Genesung behandelt werden wird. Solange sich die geringste Chance auf Verbesserung der Situation ergibt, wird intensiv behandelt werden. Erst wenn nach Ablauf von Tagen oder Wochen die so genannte Irreversibilität besteht, wird einer Patientenverfügung Geltung verschafft werden können, dies immer in Absprache mit dem Vorsorgebevollmächtigten.

Werden Mediziner, die jetzt »alten« Patientenverfügungen nicht mehr beachten?
Wir haben als Gesellschaft die Aufgabe, die Selbstbestimmung zu stärken. Die aktuell gültigen Patientenverfügungen geben, auch wenn sie nicht ganz konkret formuliert wurden, immer noch den selbstbestimmten „mutmaßlichen Willen“ des Patienten wieder, in dem sich alle, die mit der Versorgung und Betreuung des Patienten betraut werden, seien es Angehörige oder Mediziner, zu orientieren haben. Medizin ist in dem Bereich, den ich kenne und einschätzen kann, schon lange keine Apparatemedizin um jeden Preis mehr. 

Janet Schütze
Leitung Unternehmenskommunikation Region Sachsen/Franken
Tel.: 03433 21-1075
<link>janet.schuetze@sana.de