Sana Blaubuch

A N T I B I O T I C S T EWA R D S H I P M I N I M I E R E N 21 Antibiotika als Dickmacher Immer mehr Gewicht In der Viehwirtschaft weiß man schon lange, dass Antibiotika pro- bate Mittel sind, um Tiere zu mästen. Die Wirkstoffe steigern bei bestimmten Bakterien der Darmflora vermut- lich die Fähigkeit, Kohlehydrate zu verwerten, die dann in Form von Fett im Körper gespeichert werden. EU-weit ist die Mast- beschleunigung durch regelmäßige Antibiotika- gaben allerdings seit 2006 verboten. Die These, dass Antibiotika dick machen, erscheint auch für den Menschen plausibel. Besonders der Einsatz von Antibio- tika bei kleinen Kindern könnte die Darmflora langfristig verändern. Mehrere Studien haben jetzt gezeigt, dass Kinder, die in den ersten Lebensjahren Antibiotika bekommen, tatsächlich häufiger adipös werden. Das heißt nicht, dass Antibiotikatherapien zwingend zu Fettsucht führen, bei der noch viele andere Risikofak- toren im Spiel sind. Aber solche Studien taugen durchaus als Argument für den zurückhaltenden Einsatz von Antibiotika, insbesondere bei sehr jungen Patienten. B A K T E R I E N K I L L E R M I T Z U K U N F T Von Natur aus Antibiotika verlieren zunehmend ihre Wirkung. Deshalb fahnden Forscher weltweit nach neuen Wirkstoffen gegen Infektionen. Und wer sucht, der findet. Asiatischer Marienkäfer: DeutscheWissenschaftler haben in der Hämolymphe, also im Blut dieser Insekten, eine vielversprechende Substanz na- mens Harmonin gefunden. Im Experiment war sie wirksam gegen Tuberkulose. Auch andere Insekten produzieren Stoffe mit antibiotischer Wirkung. Phagen: Bakteriophagen sind Viren, die ausschließ- lich Bakterien angreifen. Die Phagentherapie ist seit fast 100 Jahren bekannt und in Osteuropa bis heute populär bei der Bekämpfung von Infek- tionskrankheiten. Nun erforschen auch westliche Wissenschaftler Phagencocktails gegen proble- matische Krankenhauskeime. Bodenbakterien: Viele Bakterien, ebenso Pilze, produzieren Hemmstoffe, unter denen sich neue Antibiotika finden könnten. Allerdings lassen sich nur ein Prozent der natürlich vorkommenden Bakterien mit Standardme- thoden im Labor züchten. Ein Forscherteam aus Boston ist mit neuartigen Kultivierungsverfahren auf das Mikrobakterium Eleftheria terrae gestoßen. Sein Wirkstoff «Teixobactin» tötet MRSA-Erreger ab. Meeresschwämme: Sie bestehen zu 40 Prozent aus Bakterien, die ver- schiedeneAntibiotika produzieren, ebenso Substanzen gegen Krebs. Auch sie sind kaum im Labor zu kultivieren. Mithilfe einer speziellen molekularen Entzifferungstechnik hat ein Züricher Forscher eine bislang unbekannte Bakteriengruppe der Schwämme identifiziert, die ein ganzes Arsenal von Substanzen produziert, das nun auf antibiotische Wirkungen hin analysiert wird.

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