Fatigue

Erhöhte Erschöpfbarkeit

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Die erhöhte Erschöpfbarkeit ("Fatigue") ist ein häufiges Symptom der MS und unterscheidet sich deutlich von der Müdigkeit, wie sie von gesunden Menschen angegeben wird und auch von den MS-Betroffenen selbst vor Ausbruch der Erkrankung erlebt wurde: Die Patienten geben eine zunehmende Schwäche und Mattigkeit an, die belastungsabhängig oder im Tagesverlauf stärker wird und beklagen einen Antriebs- und Energiemangel sowie ein dauerhaft vorhandenes Müdigkeitsgefühl, das sich sowohl auf die geistige als auch die körperliche Leistungsfähigkeit auswirken kann. Häufig berichten die Betroffenen über eine Verschlechterung bei Wärme ("Uhthoff-Phänomen"). Viele Patienten leiden täglich oder nahezu täglich unter diesem Symptom, das üblicherweise sechs Stunden und mehr am Tag vorhanden ist und gegen Abend stärker wird. Nicht selten wird dadurch sowohl die Lebensqualität als auch die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit so stark beeinträchtigt, dass eine vorzeitige Berentung nötig wird und die Betroffenen sich immer mehr von sozialen Aktivitäten zurückziehen.

Zur Erfassung der MS-bedingten Fatigue sollte zunächst eine standardisierte Diagnostik erfolgen, die neben der subjektiven Dimension (z. B. mit dem WEIMuS-Fragebogen) eine (objektive) Testung der Aufmerksamkeitsintensität (Subtest „Alertness“ aus der Testbatterie zur Aufmerksamkeitsprüfung) beinhaltet; bei unauffälligem Befund und subjektiv berichteter Fatigue-Symptomatik wird diese Testung am Nachmittag wiederholt. Unser Behandlungskonzept ist multimodal und besteht aus mehreren Komponenten, wobei die psychologische Therapie mit Beratungsgesprächen für Patienten und Angehörige, Vermittlung von Energiemanagement-Strategien, begleitender Psychotherapie (Verhaltenstherapie sowie Elemente der achtsamkeitsbasierten Therapie) und ggf. einem spezifischen Training der Aufmerksamkeit eine wesentliche Rolle einnimmt. Zusätzlich ist ein Ausdauertraining empfehlenswert, das die individuelle Belastbarkeit berücksichtigt und ständig an die erreichten Fortschritte angepasst wird. Bei erhöhter Wärmeempfindlichkeit („Uhthoff“-Phänomen) können verschiedene Kühlelemente eingesetzt werden. In Einzelfällen, vor allem bei pathologischer Aufmerksamkeitstestung, kann ein medikamentöser Therapieversuch mit Amantadin bzw. Modafinil in steigender Dosierung versucht werden. Eine Zusammenfassung der möglichen diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen findet sich in der Tabelle. Damit kann zwar keine vollständige Rückbildung der Fatigue-Symptomatik erzielt werden, oftmals ist aber eine wesentliche Verbesserung zu beobachten.

Diagnostische Maßnahmen

  • WEIMuS-Fragebogen (subjektive Dimension)
  • Aufmerksamkeitstestung (Subtest „Alertness“ aus der TAP), ggf. Wiederholung am Nachmittag

Therapeutische Maßnahmen

  • Aufklärung der Betroffenen (Fatigue ist ein Symptom der Erkrankung)
  • ausreichende Flüssigkeitszufuhr (2 - 3 l pro Tag)
  • Kühlung (kalte Getränke, Kühlweste, Klimaanlage)
  • Energie-Management mit Priorisierung, Tagesstrukturierung und ausreichenden Ruhepausen
  • Psychotherapie wie kognitive Verhaltenstherapie oder achtsamkeitsbasierte Therapie
  • körperliche Betätigung (Ausdauertraining), z. B. Fahrrad-Ergometrie oder Nordic Walking
  • ggf. spezifisches Training der Aufmerksamkeit
  • Medikamentöser Therapieversuch mit Amantadin bzw. Modafinil (bei pathologischer Aufmerksamkeitstestung) und Überprüfung des Therapieerfolgs nach ca. 2 Wochen