Medizinische Schwerpunkte

Die periphere arterielle Verschlusskrankheit – Diagnose und Therapie

Die periphere arterielle Verschlusskrankheit, kurz pAVK, tritt häufig bei älteren Menschen auf. 20-30% aller Menschen, die älter als 75 Jahre sind, leiden an einer pAVK. Bestimmte Risikofaktoren sind für das Auftreten dieser Erkrankung von besonderer Bedeutung, hier sind neben Bluthochdruck, gestörtem Fettstoffwechsel und Übergewicht insbesondere das Rauchen und der Diabetes mellitus zu nennen. Die pAVK ist mit einem erhöhten Risiko für Schlaganfälle und Herzinfakte assoziiert, so dass die Behandlung der kardiovaskulären Risikofaktoren von entscheidender Bedeutung für die Prognose unserer Patient:innen ist. Ihren Beinamen "Schaufensterkrankheit" verdankt die paVK ihrer Symptomatik: diese reicht von asymptomatisch über eine reduzierte, schmerzfreie Gehstrecke (Patient:innen bleiben wie bei einem Schaufensterbummel häufiger stehen) bis hin zu Ulzerationen und absterbendem Gewebe im Bereich des Beines mit drohendem Verlust des Beines.

Insbesondere bei Patient:innen mit Zuckerkrankheit liegt häufig ein „diabetisches Fußsyndrom“ vor, hier sind neben der gestörten Durchblutung der Beine auch eine verminderte Funktion der peripheren Nerven der Beine ursächlich. Diese Patient:innen haben häufig keine Schmerzsymptomatik und werden erst durch Ulzerationen der Füße auf ihre Erkrankung aufmerksam. Diese Fälle besprechen wir interdisziplinär mit den behandelnden Diabetolog:innen und den Kolleg:innen der Hand- und Fußchirurgie.

Die Diagnose der pAVK umfasst eine ausgedehnte Anamneseerhebung und klinische Untersuchung der Patient:innen, insbesondere des Pulsstatus und des Knöchel-Arm Druckes. Hieran schließt sich als zentrale Untersuchung die farbkodierte Duplexsonografie an; hierbei handelt es sich um eine Ultraschalluntersuchung, welche frei von Nebenwirkungen ist. Durch die Duplexsonografie lassen sich Engstellen und Verschlüsse der Beinarterien sicher diagnostizieren, so dass wir häufig nach dieser Untersuchung die Therapiestrategie mit unseren Patient:innen bereits besprechen können. Je nach Befund erfolgen dann im nächsten Schritt eine weitere Darstellung des Gefäßbaumes mittels Kernspintomographie oder CT-Angiographie oder eine Angiographie der Becken- und Beinarterien. Sollte eine Therapie der zugrundeliegenden Gefäßverschlüsse durch Angiographie nicht den gewünschten Erfolg bringen, planen wir eine Gefäßoperation, ggf. auch als Hybrideingriff (Kombination aus Angiographie und Gefäßoperation).

Katheterinterventionelle Techniken mittels Angiographie sind eindeutig auf dem Vormarsch und haben für unsere Patient:innen eine große Bedeutung. Sie zeichnen sich durch eine geringere Invasivität im Vergleich zur offenen Gefäßoperation aus. Studien belegen, dass die Sterblichkeit nach solch einem Eingriff in den ersten 30 Tagen geringer ist als bei offenen Gefäßoperationen. Es kann z.B. auf eine Narkose verzichtet werden. Der Eingriff ist äußerst schmerzarm, die Offenheitsraten der behandelten Engstellen und Verschlüsse sind vergleichbar mit denen der offenen Operationen.

Mit unserer modernen Angiographieanlage führen wir an den Regio Kliniken zahlreiche Gefäßeingriffe durch, die nicht mit einer Operation verbunden sind.

Ballondilatation

Bei der Ballondilatation wird ein verengtes Gefäß mit Hilfe eines Kunststoffballons geweitet oder ein verschlossenes Gefäß wiedereröffnet. Der über den Arm oder die Leiste eingeführte Ballon wird zunächst zusammengefaltet an die richtige Stelle gebracht und dort unter Druck aufgeblasen, bis er die Verengung/Verstopfung behebt. Neuere Varianten sind mit Medikamenten beschichtet, die ihre Wirkstoffe in die Gefäßwand abgeben. Sie sollen den Wiederverschluss des Gefäßes verhindern helfen. Beide Varianten (mit und ohne Medikamentenbeschichtung) kommen je nachdem, welches Gefäß zu behandeln ist und wie sich die Engstelle bzw. der Verschluss präsentieren, zum Einsatz. Die Größe der Ballons ist an die Größe der behandelten Gefäße angepasst. So beträgt der Durchmesser etwa 2 Millimeter an den Unterschenkelarterien und 26 Millimeter in der Bauchaorta. Auch in der Länge gibt es Unterschiede, diese variiert von 2 bis 20 Zentimetern.

Stentimplantation

Ursprünglich stammt der Begriff „Stent“ aus dem englischen Bergbau und bedeutet Abstützung. Und genau so funktioniert er auch in der Medizin: Ein Stent ist eine winzige gitterförmige Röhre aus Titan oder Kunststoff. Zumeist über die Leiste eingeführt und im Gefäß implantiert, stützt er die Gefäßwand und hält das Gefäß offen und durchlässig. Der Stent verbleibt im Gefäß und wächst dort ein. 

Rotationsthrombektomie/Atherektomie

Bei der Rotationsthrombektomie und der Atherektomie handelt es sich um zwei Verfahren, bei denen verschlossene oder verengte Gefäße wiedereröffnet werden. Diese Verfahren bieten gegenüber der Ballondilatation und der Stentimplantation (s. oben) den Vorteil, dass das thrombotische/atherosklerotische Material direkt aus dem Gefäßinnenraum entfernt wird. Das Material wird mittels eines speziellen Katheters zerkleinert und abgesaugt. Danach wird meist mit einem Ballon das Gefäß noch erweitert. Insbesondere bei akuten Verschlüssen lassen sich hierdurch häufig die aufwändigere Lysetherapie oder sogar ein operativer Eingriff vermeiden.

Lysetherapie

Als Lyse wird die medikamentöse Auflösung von Blutgerinnseln bezeichnet. Dies kann grundsätzlich in allen Gefäßen des Körpers stattfinden. Leider ist diese Methode nicht frei von Nebenwirkungen (insbesondere Blutungen). Bei der lokoregionären Lyse wird dieses Problem weitgehend dadurch gelöst, dass der Wirkstoff in hoher Konzentration mit dünnen Kathetern exakt dorthin gebracht werden kann, wo er benötigt wird. In den übrigen Regionen bleiben die Konzentration, die Wirkung und damit auch die Nebenwirkungen vergleichsweise gering. 

Eine Lysetherapie kommt dann zum Einsatz, wenn sich die Gefäße nicht für eine Rotationsthrombektomie eignen; dies ist z.B. bei sehr kleinen Gefäßen wie den Unterschenkelarterien der Fall.

Eingriffe im Hybrid-Labor

In unserem Hybrid-Labor bieten wir kombinierte Eingriffe mittels Kathetertechnik und offener Operation an. Da die Gefäßerkrankung der Beinarterien meistens an mehreren Stellen (z.B. Beckenarterie und Leistenarterie) zu Verengungen führt, kann man in diesen Fällen durch die Kombination einer Ballondilatation und Stentimplantation an einer Stelle und der zeitgleichen offenen Operation an einer anderen Stelle eine größere offene Operation vermeiden. Dieses schonende Verfahren wird gemeinsam durch unsere Expert:Innen der Angiologie und der Gefäßchirurgie durchgeführt. Ebenfalls im Hybrid-Labor erfolgen die Eingriffe an der Bauchaorta, z.B. die Behandlung des Bauchaortenaneurysmas mittels Stent Graft, aber auch die Behandlung von Engstellen der Bauchaorta.