Stuttgart

Die Behandlung im Karl-Olga-Krankenhaus macht die Organisation FRIEDENSDORF INTERNATIONAL möglich

Verletzter Junge bekommt zweite Chance

  • PD Dr. Thomas Ebinger, Chefarzt der Klinik für Hand-, Plastische und Mikrochirurgie am Karl-Olga-Krankenhaus in Stuttgart, behandelte kostenneutral einen achtjährigen Jungen aus Afghanistan.
  • Durch vier Operationen von Verletzungen und Vernarbungen im Gesicht, an der Hand und am Oberkörper wurden erhebliche Stellungs- und Funktionsverbesserung erzielt.
  • In Zusammenarbeit mit FRIEDENSDORF INTERNATIONAL wurde Ahmad über ein halbes Jahr hinweg im Rahmen eines Programms zur ärztlichen Behandlung von Kindern aus Kriegs- und Krisengebieten geholfen.

 

Welches Kind ist schon gerne im Krankenhaus? Der kleine Ahmad*  ist heilfroh, alle Operationen hinter sich gebracht zu haben. Er hat vor einigen Tagen das Karl-Olga-Krankenhaus verlassen und bleibt bis zur vollständigen Genesung noch einige Wochen in Deutschland.

Der achtjährige Junge aus Afghanistan hatte sich seit Oktober 2015 immer wieder Eingriffen unterziehen müssen. Die im Karl-Olga-Krankenhaus erfolgten Operationen sind in Umfang und Qualität in seinem Heimatland nicht selbstverständlich. Jetzt verlässt der Junge die Sana Klinik mit einer guten Prognose.

Im Alter von sieben Monaten erlitt Ahmad ein Verbrennungstrauma, das sich über das gesamte Gesicht und die linke Körperhälfte zieht. Das Gesicht, der Oberkörper und die Hand wurden schwer verletzt; die Finger waren zum Teil verstümmelt. Auch an sonstigen Stellen des Körpers sind die Folgen der Verbrennung deutlich zu erkennen. Das entstehende derbe Narbengewebe führt im Verlauf des Wachstums des kleinen Jungen zu Problemen, da im Gegensatz zur gesunden Haut die Elastizität und Dehnungsfähigkeit fehlt. Die strangartigen Narbenzüge ziehen besonders über den Gelenken die betroffenen Abschnitte in eine Fehlstellung. Das führt zu einer massiven Entstellung und blockiert die Beweglichkeit. So konnte Ahmad durch die Narben im Gesicht den Mund nicht komplett öffnen und schließen. Zusätzlich war das linke Ohr massiv zur Wange hin verzogen. Der linke Arm war im Ellbogengelenk nicht zu strecken und die Hand sowie die verstümmelten Fingerreste standen nach oben, so dass er keinen Handschuh tragen und nicht greifen konnte.

PD Dr. Thomas Ebinger, Chefarzt der Klinik für Hand-, Plastische und Mikrochirurgie am Karl-Olga-Krankenhaus, behandelt mit seinem Team seit mittlerweile 11  Jahren regelmäßig kostenneutral Kinder aus Krisengebieten. Das Karl-Olga-Krankenhaus stellt für den Behandlungszeitraum ein Bett für die kleinen Patienten zur Verfügung. Das Haus der Sana Klinken Region Stuttgart übernimmt sämtliche Kosten. „Das außergewöhnliche Engagement für die Kinder wird von allen Berufsgruppen am Karl-Olga-Krankenhaus geleistet und ist alles andere als selbstverständlich“, stellt für PD Dr. Ebinger fest. „Das ist jedes Mal eine unglaubliche Leistung.

Bei Ahmad hat sich der Einsatz auf jeden Fall gelohnt. Bei ersten Operationen wurden die Narben im Bereich des linken Armes gelöst, so dass er das Ellbogengelenk wieder strecken konnte. „Anschließend konnten wir im Gesicht durch die Operation der Narbenzüge im Bereich der Lippe das komplette Schließen des Mundes erreichen“, beschreibt PD Dr. Ebinger die Behandlung weiter. Gemeinsam mit Dr. Patrick Oster, Belegarzt der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde am Karl-Olga-Krankenhaus, wurde das linke Ohr korrigiert, so dass es jetzt wieder am Hinterkopf anliegt und nicht mehr nach vorne zur Wange wegklappt. Nach der Entfernung der Narbenzüge im Bereich des Handgelenks und der Finger wurde eine gerade Ausrichtung der Hand und der Fingeranteile erreicht. Der dabei entstandene Gewebedefekt wurde durch eine Lappenplastik vom Oberschenkel und von der Leiste gedeckt.

Durch die vier operativen Eingriffe konnte insgesamt eine erhebliche Stellungs- und Funktionsverbesserung erzielt werden. Trotzdem bleiben natürlich die Verbrennungsfolgen noch sichtbar und auch die fehlenden Fingerabschnitte konnten nicht vollständig ersetzt werden. Für PD Dr. Ebinger ist es wichtig, den Kindern von Anfang an ehrlich zu sagen, welche Erfolge durch die Operationen erreicht werden können und welche nicht. Denn Narben und eine andersfarbige optische Beschaffenheit von Hautpartien, die sich von der normalen und unverletzten Haut unterscheiden, werden bei diesen schwerstverbrannten Kindern in den meisten Fällen verbleiben.                 

Die genaue Ursache der Verletzungen des kleinen Jungen ist ungeklärt.„Seine Verbrennungen am ganzen Körper weisen mit hoher Wahrscheinlichkeit darauf hin, dass Ahmad durch eine Explosion verletzt wurde“, vermutet Chefarzt PD Dr. Ebinger, „Doch genau werden wir es nie erfahren“. Die Kinder, die solche Verletzungen überleben, weisen Befunde auf, die in den westlichen Ländern nur durch seltene Gasexplosionen verursacht  werden. Bei uns in Deutschland haben wir es im Gegensatz dazu häufiger mit Verletzungen durch heiße Flüssigkeiten und deren Folgen zu tun. Soclhe Kinder genießen hierzulande vom Unfalltag an über Jahre eine kontinuierlich Behandlung zur Zuwendung, um die negativen Auswirkungen entstellender Narbenzüge im Verlauf frühzeitig zu vermeiden und korrigieren zu können. In Afghanistan ist es bereits ein Erfolg, wenn die Kinder überleben.

Ahmad kommt aus der Provinz Badghis im Nordwesten Afghanistans und besucht dort die erste Klasse. Er hat drei Brüder, die alle jünger sind als er. Die Familie lebt in ärmlichen Verhältnissen und wird allein durch den Vater versorgt. Die Mutter kümmert sich nach traditioneller Art um den Haushalt. 

Die Behandlung im Karl-Olga-Krankenhaus macht die Organisation FRIEDENSDORF INTERNATIONAL möglich. Sie wurde am 6. Juli 1967 als Bürgerinitiative gegründet, um Kindern aus genau solchen Kriegs- und Krisengebieten zu helfen. Den unschuldigsten Opfern der Kriege und Krisen sollte schnelle und unbürokratische Hilfe gewährt werden. Seit der Gründung hat sich die Arbeit der Einrichtung erweitert, aber immer noch stehen die Kinder im Mittelpunkt. Aus der anfänglich ausschließlichen Einzelfallhilfe ist ein Programm für den Frieden geworden. Beim 72. Hilfseinsatz der Organisation im August 2015 war Ahmad eines der Kinder, das von Friedensdorf eine Zusage erteilt bekommen hat und auch die Ausstellung des Visums war trotz umfangreicher bürokratischer Auflagen ein Erfolg.

Über einen Zeitraum von einem knappen halben Jahr hat der Junge die nötigen operativen Eingriffe hinter sich gebracht. Dazwischen wurde Ahmad im Friedensdorf in Oberhausen mit vielen weiteren Kindern betreut und versorgt. Auch im Anschluss an die jetzt abgeschlossenen Operationen bleibt Ahmad noch eine Weile in Deutschland.

Das ist natürlich nicht immer leicht, wie Frau Bärbel Franz von FRIEDENSDORF INTERNATIONAL zu berichten weiß: „Für Ahmad ist der Krankenhausaufenthalt natürlich mit Schmerzen verbunden – die OPs, das Fäden ziehen, die Regeneration – das ist auf jeden Fall kein Zuckerschlecken.“ Ahmad hat, wie alle Kinder die zur Behandlung nach Deutschland kommen, ein Ziel: wieder weitesgehend gesund werden, um zur Familie zurückzukehren.

Während seines Aufenthalts im Karl-Olga-Krankenhaus hat Ahmad viele Freunde gefunden, sei es unter den Pflegekräften, den Mitpatienten oder in Herrn Windshügel, einem ehrenamtlicher Mitarbeiter von FRIEDENSDORF INTERNATIONAL, der den Jungen täglich besuchte. Der kleine Patient strahlt über das ganze Gesicht, wenn er jemanden findet, der mit ihm Fußball oder Mühle spielt. Da rücken die Schmerzen und die Einschränkungen zeitweise in den Hintergrund. Der VfB Stuttgart schenkte Ahmad ein Fan-Paket inklusive Fußball und Trikot. Ahmad nimmt viele schöne und positive Erinnerungen aus Stuttgart mit in sein Heimatland.

Seinen Koffer darf Ahmad im Sommer wieder packen, wenn es endlich wieder zurück nach Hause zu seiner Familie geht. Der Rückflug nach Afghanistan ist für August 2016 geplant. Bis dahin erfährt der Junge im REHA-Bereich von FRIEDENSDORF INTERNATIONAL noch eine fürsorgliche Pflege, die Krankengymnastik, Hautpflege und Kontrolle umfasst.

 

Für ihn geht es mit all den anderen Kindern heimwärts, deren Behandlungen bereits abgeschlossen sind. Die zweite Chance im Leben zu bekommen, durch die medizinische Hilfe in Deutschland, ist ein Anliegen, das PD Dr. Thomas Ebinger auch in Zukunft verfolgen wird.

Frank Stratmann, Unternehmenskommunikation Sana Kliniken Region Stuttgart 
Karl-Olga-Krankenhaus GmbH, Hackstraße 61, 70190 Stuttgart 
Tel. 0711. 2639 2394, Fax. 0711. 2639 2497, E-Mail frank.stratmann@sana.de

Das Karl-Olga-Krankenhaus ist ein Haus der Sana Kliniken AG und Quartierskrankenhaus für Stuttgart-Ost mit überregionaler Reputation in einzelnen Leistungsbereichen. Als Ankerkrankenhaus für die Sana Kliniken Region Stuttgart übernimmt das Haus Verantwortung für den Verbund in Baden-Württemberg.