Bandscheibenvorfall

Erkrankung, Symptome und Ursachen

Zwischen den Wirbelkörpern liegen die Bandscheiben. Nur zwischen dem 1. und 2. Halswirbel gibt es keine Bandscheibe. 

Die Bandscheiben bestehen aus einem äußeren Faserring (Anulus fibrosus) und einem inneren Gallertkern (Nucleus pulposus). Sie haben mehrere Aufgaben. Die Wichtigste ist die Pufferwirkung. Sie verteilt den Druck, der auf der Wirbelsäule lastet, insbesondere im Stehen und Sitzen auf die angrenzenden Wirbelkörper. Auch ermöglichen die Bandscheiben die Beweglichkeit der Wirbelsäule für Drehbewegungen sowie Vor-, Zurück- und Seitneigung.

Kommt es nun, in den allermeisten Fällen durch Degeneration (Verschleiß), zu einem Austreten von Gallertkern (Nukleus) durch den Faserring in den Spinalkanal, indem die Nerven und das Rückenmark liegen, so spricht man von einem Bandscheibenvorfall (Bandscheibenprolaps). Drückt der Gallertkern nur den Faserring in Richtung Spinalkanal, so spricht man von einer Protrusion (Vorwölbung).

Eine weitere Ursache für einen Bandscheibenvorfall ist eine genetische Prädisposition, die bereits im Kindesalter schon zu veränderten Bandscheiben mit Höhenminderung führt. Auch Verletzung oder Unfälle können in seltenen Fällen zu einem isolierten Bandscheibenvorfall führen. Meist liegt jedoch bei einem Trauma eine Zerreißung der Bandscheibe und der Bänder mit Instabilität vor.

Je nach dem, wo der Bandscheibenvorfall liegt, kann er starke Schmerzen, Taubheitsgefühle, Kribbelparästhesien, Lähmungen und/oder Blasen-/Mastdarmentleerungsstörungen hervorrufen. Es gibt mediane, mediolaterale, intraforaminale und extraforaminale Bandscheibenvorfälle. Alte, schon länger vorliegende Bandscheibenvorfälle können verkalken.

Ein Bandscheibenvorfall muss jedoch nicht zu Lähmungen und /oder Schmerzen führen. Dieser tritt nur bei Druck auf das Rückenmark oder die Nerven ein. Treten Symptome auf, so müssen diese der bedrängten Nervenwurzel zuzuordnen sein.
Am häufigsten kommt der Bandscheibenvorfall an der Lendenwirbelsäule vor, gefolgt von der Halswirbelsäule, sehr selten (2%) aber auch an der Brustwirbelsäule.

In 5% der Fälle kommt es an der Lendenwirbelsäule zu Rezidivbandscheibenvorfällen bei konservativ und operativ therapierten Patienten. Die Symptome sind dieselben, können jedoch heftiger ausfallen, da die Nervenwurzel durch die narbigen Veränderungen der Voroperation nicht ausweichen kann.

Diagnostik und Therapiemöglichkeit

Nach durchgeführter klinischer (incl. grob-neurologischer) Untersuchung sollte ein MRT (Kernspintomographie) durchgeführt werden. In dieser Schnittbilddiagnostik lassen sich Weichteile, nämlich Bandscheiben und Nerven, sehr gut beurteilen. In seltenen Fällen wird eine Computertomographie zusätzlich erforderlich. Dies kann beim Verdacht auf eine Verkalkung, insbesondere an der HWS und BWS, notwendig sein, um ggf. eine Lyse (eine Störung der Bogenschlusses) nachweisen zu können. Auch sollte immer ein konventionelles Röntgen mit Funktionsaufnahme erfolgen, um weitere Erkrankungen, der Wirbelsäule, welche eher im Stehen sichtbar werden, festzustellen. Dies kann entscheidend für die spätere Therapiewahl sein. Die Therapie hängt von der Art, Lokalisation und Größe des Bandscheibenvorfalls ab. Ebenso sind die Art der Symptome und der Zeitraum, in welchem diese auftreten, sehr wichtig. Liegen lediglich akute Schmerzen, sowohl im Rücken oder Nacken als auch ausstrahlend in Beine oder Arme vor, sollte zunächst eine konservative Therapie durch Schmerzmittel und ggf. eine Infiltrationstherapie erfolgen. In der Akutphase sollte auf intensive Krankengymnastik verzichtet werden. Im weiteren Verlauf ist jedoch eine intensive Physiotherapie sehr wichtig. Liegen frische Lähmungen, auch Teillähmungen, eines Armes oder Beines vor, welche der Nervenwurzel zuzuordnen sind die komprimiert wird, raten wir unseren Patienten zu einer Operation. Weitere elektive Operationsindikationen sind therapierefraktäre Beschwerden oder schon länger bestehende Lähmungen. Auch in diesen Fällen bieten wir unseren Patienten eine Operation an.

Je nach Lokalisation werden unterschiedliche Therapieverfahren angewandt:

Halswirbelsäule

Liegt bei einem jungen Patienten, ohne Osteoporose mit noch gut erhaltener Bandscheibenhöhe, ein Bandscheibenvorfall mit Operationsindikation vor, so kann in diesem Falle eine Bandscheibenprothese implantiert werden. Der Vorteil ist hier der Bewegungserhalt.

Ist die Degeneration fortgeschritten und muss das Bandscheibenfach aufgefräst werden, so wird eine Dekompression des Spinalkanal mit Entfernung der Bandscheibe und des Bandscheibenvorfalls von vorne durchgeführt. In der gleichen Operation muss dann eine ventrale Fusion mit Cage und Platte erfolgen.

Lendenwirbelsäule

Bei einem Bandscheibenvorfall an der Lendenwirbelsäule wird das Bandscheibenmaterial, das den Nerv einengt und zu Schmerz oder Lähmung führt, unter dem Operationsmikroskop (mikrochrirugisch) entfernt. Unterschieden wird, ob die Bandscheibenanteile frei im Spinalkanal liegen (Sequester) und auf den Nerv drücken oder unter dem hinteren Längsband liegen und ggf. sogar noch Verbindung zur Bandscheibe haben (subligamentär). Liegt ein freier Sequester vor, so wird lediglich der Bandscheibenvorfall entfernt, d.h. eine Sequesterotomie durchgeführt, es wird keine Operation an der Bandscheibe durchgeführt.

Liegt ein subligamentärer Bandscheibenvorfall vor, muss das hintere Längsband inzidiert (eingeschnitten) werden und der Bandscheibenvorfall entfernt werden. Ggf. muss weiteres loses Bandscheibenmaterial aus der Bandscheibe entfernt werden, d.h. es wird eine mikrochirurgische Nukleotomie durchgeführt.

Der Bandscheibenvorfall liegt meist im Spinalkanal, entweder medial, medialateral oder intraforaminal.

Intraforaminal heißt, dass der Bandscheibenvorfall im Nervenaustrittsloch liegt und die Nervenwurzel keine Ausweichmöglichkeit hat. Dies führt häufiger zu einer Operation, als eine mediolaterale Lage des Bandscheibenvorfalls.

In seltenen Fällen liegt der Bandscheibenvorfall auch extraforaminal, d.h. außerhalb des Spinalkanals und drückt dort auf den austretenden Nerv. Auch hier kann in einer mikrochirurgischen Nukleotomie (nach Wiltse) der Bandscheibenvorfall entfernt werden.

Wichtig ist für den Patienten zu wissen, dass bei keinem dieser Operationsverfahren die Bandscheibe repariert oder des Bandscheibenleiden gar geheilt wird. Bei diesen Operationen wird lediglich den bedrängten Nerven wieder Platz geschaffen und somit der Schmerz und evtl. die Lähmung gebessert.

Beim Rezidivbandscheibenvorfall kann in der Regel erneut eine Bandscheibenoperation (mikrochrirugischeNukeotomie) durchgeführt werden. Liegen jedoch Instabilitätszeichen vor, so muss in diesem Fall eine Spondylodese (Versteifungsoperation) durchgeführt werden.

Eine Bandscheibenprothese an der Lendenwirbelsäule  kann in Einzelfällen bei einer Degeneration der Bandscheibe (black disc oder degenerative disc disease) mit Protrusion der Bandscheibe durchgeführt werden. Ausschlußkriterien hierfür sind Instabilität, fortgeschrittene Arthrose der Facettengelenke und Osteoporose. Die Bandscheibenprothese ist somit jungen Patienten vorenthalten. Häufig, wenn Beschwerden auftreten, besteht deshalb  keine Indikation mehr zur Bandscheibenprothese.

Unser Behandlungskonzept

Ausschöpfen der konservativen Therapie durch Schmerztherapie, Bewegung, Physiotherapie, ggf. Infiltrationstherapie

Bei Operationsindikation LWS

  • Mikrochirurgische Sequesterotomie
  • Mikrchirurgische Nukleotomie
  • Ggf. mit mikrochirurgischer osteoligamentäre Entlastung


Bei Operationsindikation HWS

  • Mikrochirurgische Nukleotomie mit Implantation einer Bandscheibenprothese oder ventrale Fusion mit Implantation eine Cages und Fusion mit Platte