Medizinische Schwerpunkte

Spondylodiszitis (Eitrige Entzündung der Wirbelsäule)

Erkrankung, Symptome und Ursachen

Bei der Infektion der Wirbelsäule kann zum einen der Wirbelkörper (Spondylitis), zum anderen können aber auch die Bandscheiben mit angrenzendem Knochen (Spondylodiszitis) befallen sein. Die Entzündung wird meistens durch Bakterien, seltener durch Viren, Pilze oder Parasiten verursacht. Ca. 2-7 Prozent aller Entzündungen an den Knochen betreffen die Wirbelsäule. Die bakterielle Entzündung ist begrifflich abzugrenzen von den nicht infektiösen, entzündlichen Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises. Sie zeigt eine Zunahme der Inzidenz auf.

Die unspezifische Entzündung der Wirbelsäule wird meist durch S. areus, S.epidermidis, E.coli oder Pseudomonaden sowie Streptokokken verursacht, die spezifische Spondylitis meist durch Tuberkelbakterien.

Es gibt zwei verschiedene Infektionswege: den häufigen endogenen, meist hämatogenen Weg und den exogenen, meist iatrogenen Weg. Beim endogenen Weg gelangen die Keime von einem der Wirbelsäule fernen Infektionsort (z.B. Haut, Rachenraum, Niere) über das Blut in die Wirbelkörper und beginnen sich dort zu vermehren und lösen im Knochen und der angrenzenden Bandscheibe eine Entzündung aus. Keime können aber auch durch einen offenen Bruch, eine Operation, Punktion oder Infiltration direkt in den Wirbelsäulenknochen oder die Bandscheibe gelangen.

Die Entzündung der Wirbelsäule tritt meist in der 6. Lebensdekade auf, kann aber in jedem Alter auftreten. Jüngere Patienten sind oft immunsupprimiert durch z.B. Diabetes, Tumorerkrankung, HIV, Alkoholkrankheit oder Drogenabhängigkeit.

Der Krankheitsverlauf ist langsam und schleichend. Die unspezifischen Rückenschmerzen werden vom Patienten oft als nicht behandlungsbedürftig bewertet. Unklares Fieber, Abgeschlagenheit, ggf. Gewichtsverlust und/oder immobilisierender Rückenschmerz führen den Patient zum Arzt, nicht selten in fachfremde Abteilungen. Oft wird die Entzündung der Wirbelsäule nicht erkannt. Die Destruktion des Knochens und der Bandscheibe sowie die Eiteransammlungen im Spinalkanal führen durch nicht direkt erkannte Lähmungen bis hin zur Querschnittlähmung. Unerkannt und nicht behandelt, kann die Entzündung zu bleibenden Schäden oder sogar zum Tode führen.

Diagnostik und Therapiemöglichkeit

Neben der Erhebung der Krankengeschichte, insbesondere auf zurückliegende Infektionen und Nebenerkrankungen, erfolgt die körperliche Untersuchung, insbes. auf Instabilitätszeichen, neurologische Defizite (Lähmungen) der Arme und Beine sowie der Harnblase und des Mastdarmes.

Innerhalb der ersten sechs Wochen nach Auftreten der Entzündung ist das konventionelle Röntgenbild oft unspezifisch verändert und kann nur schwer von degenerativen Verschleißerscheinungen unterschieden werden. Der Goldstandard zur Diagnostik ist die Kernspintomographie (MRT). In der Computertomographie (CT) lassen sich die knöchernen Destruktionen mit Instabilität gut nachweisen, ebenso bei Kontrastmittelgabe auch paravertebrale und epidurale Abszesse. Auch werden die entsprechenden Entzündungsparameter im Blut untersucht (CRP, Leukozyten, PCT, IL-6, Hb, Blutgerinnung).

Falls eine lokal begrenzte Entzündung ohne Instabilität und Beteiligung des Spinalkanals vorliegt und liegen beide Parameter einer Sepsis vor, so kann die Entzündung zunächst konservativ, d.h. ohne Operation behandelt werden. Hierzu ist ein Keimnachweis unabdingbar. CT-gesteuert oder in Kurznarkose wird entzündetes Gewebe zu mikrobiologischen und histologischen Untersuchung gewonnen.

Gleichzeitig wird der betroffene Wirbelsäulenabschnitt extern durch eine Korsettanlage ruhiggestellt und ggf. Bettruhe verordnet. Liegt ein Keimnachweis vor, wird eine bakterienspezifische Antibiose begonnen. Abschließend erfolgt eine Therapie mit einem oralen Antibiotikum bis die Entzündungswerte drei Wochen lang im Normbereich liegen. Sollten immunsupprimierte Voraussetzungen vorliegen, wird dieser Zeitraum auf sechs Wochen ausgedehnt. Bei einer Entzündung durch TBC muss eine spezielle 3 bis 4-monatige Therapie erfolgen.

Eine absolute Operationsindikation ist gegeben, wenn eine fulminante Sepsis sowie eine frische, funktionell beeinträchtigende Lähmung vorliegen. Früh elektiv sollte bei Abszessbildung, Instabilität und drohender Instabilität sowie einem Rezidiv operiert werden.

Bei der Operation erfolgt ein Ausräumen des Entzündungsherdes und die Einlage einer Antibiotikakette oder –schwammes in das ausgeräumte Bandscheibenfach. Dabei werden Proben für eine mikrobiologische und histologische Untersuchung entnommen. Gleichzeitig erfolgt während der Operation eine Stabilisierung (Spondylodese). An der Halswirbelsäule wird primär von vorne operiert, ggf. ein Wirbelkörper ersetzt oder die Bandscheibe ausgeräumt und mit Cages und Platten versteift (fusioniert). Ggf. muss an der Halswirbelsäule eine zweite Operation von hinten zur weiteren Stabilisierung erfolgen, je nach Entzündung und Knochenqualität. Diese Operation erfolgt mehrere Tage nach der ersten Operation. An der Brustwirbelsäule und Lendenwirbelsäule wird in unserer Klinik in den allermeisten Fällen zunächst von hinten operiert, d.h. stabilisiert und in einer zweiten Operation wird dann der Wirbelkörper von der Seite ersetzt. Nach der Operation wird ebenso mit einer Antibiotikatherapie begonnen.

In allen Fällen erfolgt eine differenzierte Schmerztherapie, egal ob operativ oder konservativ behandelt wird.

Unser Behandlungskonzept

  • Konservatives Therapiekonzept: Mit Keimgewinnung, Fokussuche, Ruhigstellung, testgerechte Antibiotikatherapie und Schmerztherapie können wir unseren Patienten ein umfassendes Behandlungskonzept anbieten
  • BV-gestützte oder CT-gesteuerte Probeentnahme und Sicherung der Diagnose
  • Spondylodese (Versteifungsoperation) offen mit mikrochirurgischer Entlastung des Spinalkanals und Entfernung des entzündlichen Gewebes unter dem Operationsmikroskop
  • Entfernung des entzündlichen Wirbelkörpers durch Mini-Thorakotomie (Eröffnung des Brustkorbes) oder Mini-Lumbotomie