Borna

Neurologe erklärt, wie und warum man Gehirnströme sichtbar macht

Was passiert bei einem EEG?

Unser Gehirn liegt gut geschützt in der knöchernen »Höhle« des Schädels. Um Störungen oder Verletzungen zu diagnostizieren, muss man daher auf Verfahren zurückgreifen, die auch indirekt mögliche Ursachen und deren Lokalisation aufzeigen. Neben Röntgen- und Kernspinuntersuchungen ist dafür in vielen Fällen eine Hirnstromuntersuchung – die Elektroenzephalographie oder kurz: EEG – gut geeignet. Wann ein solches zum Einsatz kommt und wie es funktioniert, das erläutert Dr. med. Alexander Reinshagen, Chefarzt der Neurologie am Sana Klinikum Borna. 

Elektroenzephalographie, EEG – das klingt je eher technisch. Wie kann Strom Medizinern helfen?
Reinshagen: Unser Gehirn funktioniert und macht uns zu dem, was wir sind, über elektrische Signale. Diese können wir, ebenso wie beim EKG am Herzen, messen. Ähnlich wie beim EKG lassen sich die »Hirnströme«. mit Elektroden von der Kopfoberfläche »ableiten«, wobei die Ströme vom Gehirn ca. 20mal niedriger und damit viel schwerer erfassbar sind. Die Messung bezeichnet man als Elektroenzephalogramm oder eben EEG. Die abgeleiteten Ströme landen als Kurve auf einem Monitor, von dem der Auswerter (Neurologe, Psychiater oder Neuropädiater) sich durch ein Dickicht von mehr als 20 Linien Informationen herauslöst.

Wann ist ein EEG nötig?
Zum Beispiel bei Verdacht auf eine neurologische Erkrankung wie etwa Epilepsie, weiter gefasst bei jedweder Art von Bewusstseinsstörung. Manchmal überwachen unsere Anästhesisten während Operationen damit die Narkose. Im Schlaflabor oder auf der Intensivstation (»künstliches Koma«) kann es Auskunft über die aktuelle Hirnfunktion geben, auch lässt sich mittels EEG der Hirntod eines Menschen zweifelsfrei feststellen. Früher spielte es auch bei der Diagnose von Schlaganfällen oder Hirntumoren eine große Rolle. Heute werden dazu eher bildgebende Untersuchungen wie eine Computer- oder Magnetresonanztomographie eingesetzt.

Wie läuft ein EEG ab?
Für den Klinikalltag verwenden wir für ein EEG rund 20 Elektroden. Um das Anbringen an festgelegten Punkten am Kopf zu erleichtern, sind sie meist samt dünner Stromkabel in einer Haube zum Aufsetzen auf den Kopf integriert. Vor der Untersuchung werden die Elektroden mit Kontaktgel bestrichen. Eine Rasur des Kopfes ist dafür nicht nötig. Die Haare sollten aber ohne Rückstände von Haarpflegeprodukten wie etwa Haarspray oder -gel sein. Gemessen wird in möglichst ruhiger Haltung im Liegen oder Sitzen. Während der Untersuchung gibt eine medizinische Fachkraft (MTA-F) Anweisungen, zum Beispiel fest ein- und auszuatmen oder die Augen zu öffnen. Manchmal kommen auch bestimmte Reize zum Einsatz – flackerndes Licht zum Beispiel – um die Hirnaktivität anzuregen. Die Untersuchung dauert etwa eine halbe Stunde.

Was sehen Sie als Neurologe auf einem EEG -Bild?
Während die Herzkurve beim EKG ein Zackenmuster zeigt, ergibt eine EEG-Messung mehr als 20 Wellen, beim Gesunden erinnert das an gekräuseltes Wasser auf einem See bei leichtem Wind. Der Verlauf der Wellen hängt vor allem davon ab, wie aktiv das Gehirn gerade ist – also, ob der Patient schläft oder wach ist, abgespannt oder konzentriert. Jede Welle gibt Auskunft über die Aktivität der Nervenzellen in einer bestimmten Hirnregion. Bei jedem Menschen zeigt sich ein für ihn typisches normales EEG-Bild. Das heißt, dass »normale« EEGs sehr unterschiedlich aussehen können. Bei Kindern ist die Spannbreite noch ausgeprägter, zudem verläuft das Wellenmuster bei ihnen viel langsamer und unregelmäßiger als bei Erwachsenen.

Und wie interpretieren Sie es?
Wenn wir mittels EEG diagnostizieren, achten wir auf zwei Dinge: Die Frequenz, also wie häufig die Wellen auftreten  und die Amplitude – wie hoch sie sind. Abweichungen von typischen Wellenmustern können auf eine Störung oder Erkrankung hinweisen. Epileptische Anfälle etwa fallen durch sog. »Spikewellen« – besonders hohe und steile Wellen – auf. Ein EEG kann immer nur so gut abgeleitet werden, wie die MTA-F das in aufwändiger Arbeit hinbekommt. Die Interpretation wiederum geschieht durch lange geschulte Ärzte nach einer gesonderten Ausbildung. »Hirnströme lesen« ist ärztliche Kunst, da für Interpretationen Spielraum bleibt und man zuerst immer den Patienten im Blick haben muss, dann erst die »Hirnströme«.

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