Ausdauersport hilft, um Herzerkrankungen vorzubeugen. Dies ist hinlänglich bekannt. Doch Vorsicht: Wer frei nach dem Motto „Viel hilft viel“ handelt, der läuft Gefahr, sich zu überschätzen und den gegenteiligen Effekt zu erzielen. Im günstigsten Fall bedeutet das Seitenstechen, im schlimmsten Fall einen Kreislaufkollaps oder gar einen Herzinfarkt. „Es müssen nicht immer gleich das Rennradfahren, der Halbmarathon oder die 30 gekraulten Bahnen im Schwimmbad sein. Es gibt auch noch ganz viel dazwischen“, sagt Dr. Torsten Schwalm, Chefarzt der Inneren Medizin und Kardiologie im Sana-Krankenhaus Hürth. „Als Einstieg in die Welt des Ausdauersports ist vor allem das Wandern geeignet, denn es bietet eine gute und schonende Möglichkeit, einen aktiven Lebensstil zu führen.“
Wandern empfiehlt sich zudem für Diejenigen, die nicht unbedingt den Prinzipien von „höher, schneller, weiter“ folgen wollen, weder Maßband noch Stoppuhr sind nötig. Gutes Schuhwerk, dem Wetter angepasste Kleidung und Kartenmaterial reichen bereits aus, um in der Natur etwas für die Fitness zu tun. Auch wer früher aktiver Sportler war und nun aufgrund von gesundheitlichen Beeinträchtigungen kürzer treten muss, tut sich und seiner Gesamtkonstitution beim Wandern etwas Gutes. „Zwar werden beim Wandern nur relativ geringe Belastungsintensitäten erreicht, dennoch kommt es durch die regelmäßige körperliche Aktivität zu günstigen Effekten für das Herz-Kreislauf-System“, so Dr. Torsten Schwalm. Möglich sind beispielsweise positive Auswirkungen auf die Blutgefäßinnenwand, eine vermehrte Bildung von zusätzlichen Blutgefäßen sowie eine Stärkung der körpereigenen Abwehrkräfte. Für Ausdauersportler bietet das Wandern eine sinnvolle Ergänzung zu ihrem festen Trainingspensum und für Herzpatienten die Möglichkeit, ihre körperliche Aktivität auf einfache und zudem angenehme Weise zu erhöhen.
Vorsicht im Hochgebirge
Patienten, deren koronare Herzkrankheit bereits behandelt ist und deren Gesundheitszustand sich zwischenzeitlich als stabil erwiesen hat, können im Flachland normalerweise ohne besondere Risiken zum Wandern gehen und unter Umständen sogar Ausflüge ins Mittelgebirge bis auf eine Höhe von 1500 Metern planen. „Die Intensität im Flachland oder Mittelgebirge ist in der Regel so gering, dass keine Überlastungsgefahr für das Herz besteht", so Dr. Torsten Schwalm .
Vor unabgestimmten Wanderungen im Hochgebirge warnt der Experte jedoch: „Klettern oder gar Bergsteigen sind kontraproduktiv, da die Belastungsgrenze in der dünneren Luft schnell überschritten ist. Vor allem dann, wenn steilere Berge auf dem Programm stehen und das Herz wegen des niedrigeren Sauerstoffgehaltes eine höhere Pumpleistung erbringen muss.“
Größere Touren unbedingt mit dem Arzt absprechen
Generell empfiehlt der Mediziner allen Patienten mit koronaren Herzkrankheiten, vor dem Beginn von sportlichen Betätigungen einen Arzt zu konsultieren. Für eine genauere Einschätzung kann beispielsweise ein Belastungs-EKG zum Einsatz kommen, das oft wertvolle Informationen bezüglich des Herzmuskels liefert und zudem Aufschluss über den allgemeinen Fitnesszustand gibt. Damit man sein Herz nicht überlastet, rät er: „Man sollte darauf achten, sich beim Wandern ohne Atemnot unterhalten zu können, dann hat man das richtige Maß.“
Wer den Check-Up beim Arzt besteht und trotz seiner Vorerkrankung für gebirgstauglich erklärt wird, dem gibt der Hürther Chefarzt folgenden Tipp an die Hand: „Herzpatienten, die zum Wandern in die Berge gehen, ist vor Ort eine Eingewöhnungszeit von ein bis zwei Tagen zu empfehlen. Währenddessen kann man sich mit kurzen und einfachen Wanderungen an das Klima und die Höhe gewöhnen. Längere Etappen sollten erst für die darauffolgenden Tage eingeplant werden. So stehen einem aktiven Leben nach oder mit einer Herzerkrankung nichts im Wege.“