Mit Beginn der Pubertät zeigen psychische Erkrankungen, die im Kindesalter noch unbemerkt geblieben waren oder durch die Bezugssysteme ausgeglichen werden konnten, oftmals dramatische, neue Seiten. Die mit der körperlichen und psychischen Veränderung sowieso einhergehende emotionale Unausgeglichenheit, Verunsicherung und Streitbarkeit von Jugendlichen führt dann zu heftigen Verhaltensweisen wie Selbstverletzungen, Drogenmissbrauch und anderen hochriskanten Handlungen und im Extremfall bis zur Suizidalität. Meist löst dies im Umfeld Angst, Sorge und Unverständnis aus und die Konflikte verschärfen sich weiter.

Die Dialektisch-Behaviorale Therapie für Jugendliche mit Problemen der Gefühlsregulation (DBT-A) setzt dort an, wo diese Verhaltensweisen für die weitere Persönlichkeitsentwicklung gefährlich werden und beim jungen Menschen und/oder seinem Umfeld Leid entsteht. Ziel der Behandlung ist es, den Patienten und seinen Bezugspersonen Fähigkeiten („Skills“) beizubringen, um mit heftigen Gefühlen und Situationen besser umgehen zu können.

DBT wurde von Marsha M. Linehan, einer US-amerikanischen Psychotherapeutin, als störungsspezifisches Konzept zur Behandlung von chronisch suizidalen Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) entwickelt, die bis heute als schwer behandelbare Patienten gelten. Prof. Linehan entwickelte die DBT aus ihren eigenen Erfahrungen als Psychiatriepatientin heraus, basierend auf der kognitiven Verhaltenstherapie und Elementen des Zen-Buddhismus. Im Zentrum steht das immer wieder zu suchende Gleichgewicht zwischen Akzeptanz und Veränderung (Dialektik) mit dem Ziel, ein auf die eigenen Werte und Ziele orientiertes Leben zu erreichen. Transparenz und eine nicht-wertende Haltung sind essentielle Bestandteile der Beziehung zwischen therapeutischem Team und Patient.

Die DBT ist eine im deutschsprachigen Raum ambulant und stationär fest etablierte Therapieform, die sich kontinuierlich weiterentwickelt und wiederholt ihre Wirksamkeit in Psychotherapiestudien belegt hat. Hauptindikationen sind die Borderline-Störung (und ihre Vorläufer im Jugendalter), Traumafolgestörungen und Essstörung, sowie Drogenmissbrauch, sofern letzterer im Zusammenhang mit einer emotionalen Instabilität steht.

DBT im Zentrum für Seelische Gesundheit

In unserer Klinik wird DBT-A ambulant, teilstationär und stationär als Behandlungsmethode eingesetzt. Die Tagesklinik in Wuppertal (Gruppe B) und die offene Jugendlichenstation (S-Station) in Remscheid setzen das Konzept vollständig um. Im Januar 2021 wurde die Tagesklinik in Wuppertal durch den Deutschen Dachverband DBT zertifiziert, die offenen Jugendlichenstation in Remscheid ist zurzeit Anwärter dieser Zertifizierung. Zudem bieten wir in Remscheid eine Spezialsprechstunde für emotional gefährdete Jugendliche (@R!sk-Ambulanz) an.

Behandlungsangebote in der DBT-A

Die Behandlung mit DBT-A umfasst in allen Bereichen:

  • Achtsamkeitstraining (in der Gruppe oder Einzeln)
  • Basisgruppen (zum Verstehen der Erkrankung und als Grundlage für die Skillsanwendung)
  • Skillsgruppen (zum Erlernen und Üben der Skills zur Verbesserung der Emotionsregulation)
  • Einzeltherapie (zur Bearbeitung der zugrundeliegenden Probleme)

Im (teil)stationären Behandlungssetting zusätzlich:

  • Bezugspersonenstunden (zum Einüben und Anpassen erlernter Skills)
  • DBT-basierte Ergotherapie (zum alternativen Gefühlsausdruck und Selbstwirksamkeit)
  • Angehörigenskillsgruppen (zum gemeinsamen Lernen und Üben von Fähigkeit zur Verbesserung im Umgang mit Konflikten in der Familie, der WG oder mit dem Partner)

@R!sk Spezialambulanz

Seit 2020 gibt es in der Ambulanz Remscheid ein Spezialangebot für emotional gefährdete Jugendliche und junge Erwachsene von 12-20 Jahren. Dieses basiert auf den Prinzipien der DBT-A und dem sog. Stepped-Care, einem gestuften Vorgehen in der Behandlung psychischer Erkrankungen, welches die je nach Situation und Lebenslage jeweils am wenigsten eingreifende und am besten wirksame Behandlungsmethode ("So viel wie nötig, so wenig wie möglich") zuerst anwendet. Die Notwendigkeit der Intensität der Behandlung wird dabei immer wieder überprüft und an die Bedürfnisse des Patienten angepasst.

Offene Sprechstunde

Um Ihnen lange Wartezeiten vor dem ersten Kontakt mit einer Fachkraft zu ersparen besteht die Möglichkeit kurzfristig (idealerweise innerhalb von zwei Wochen) einen Termin in unserer offenen @R!sk-Sprechstunde zu vereinbaren. Es handelt sich dabei um einen Vortermin mit 20minütigem therapeutischen Kontakt, dem dann reguläre Termine folgen.

Das Angebot richtet sich an Jugendliche ab 12 Jahren, die

  • sich regelmäßig (mehr als 5x im letzten Jahr) selbst verletzen ODER
  • regelmäßig Drogen konsumieren ODER
  • wiederholt hochriskante Verhaltensweisen (Aufsuchen lebensgefährlicher Situationen, Schlägereien, ungeschützter Geschlechtsverkehr, u.a.) zeigen

und bei uns in der Klinik bislang noch nicht vorstellig waren.

Stationäres und tagesklinisches Angebot

Traumatherapie in der DBT-A

Ein Teil der Patienten, bei denen die Indikation für eine Behandlung mit DBT-A besteht, leiden unter einer sog. Traumafolgestörung aufgrund langjähriger körperlicher, psychischer oder sexueller Gewalt und/oder den folgen chronischer Vernachlässigung und emotionaler Entwertung (Invalidierung). In diesen Fällen richten wir die Behandlung entsprechend den besonderen Bedürfnissen dieser Patienten aus und implementieren Elemente etablierter traumatherapeutischer Verfahren (u.a. EMDR, PITT).

DBT-PTSD

Im Rahmen der @R!sk-Spezialambulanz bieten wir in Kooperation mit dem Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim aktuell eine begrenzte Zahl an Therapieplätzen für die Traumatherapie nach dem Konzept von Prof. Martin Bohus an. Diese vielversprechende und zukunftsweisende Art der Traumatherapie kombiniert die klassische DBT-Behandlung mit sog. skills-unterstützter prolongierter Exposition zzgl. gezielter Vor- und Nachbereitung. Zielgruppe dieser Behandlung sind v.a. Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung in Kombination mit einer komplexen PTBS (Posttraumatischen Belastungsstörung, engl. PTSD).

DBT Fachgesellschaft

Die in Deutschland für DBT zuständige Fachgesellschaft ist der Dachverband Dialektisch Behaviorale Therapie e.V.

Unter folgendem Link finden Interessierte, Betroffene und Fachpublikum weitere Informationen und Links zu Therapieangeboten, Weiterbildungen und allgemeinen Veranstaltungen deutschlandweit:

https://www.dachverband-dbt.de/