Häufige Fragen von Eltern

Welche sind die häufigsten Auffälligkeiten?

Beim Vergleich gleichaltriger Kinder können sehr oft große Unterschiede der Reifung und Entwicklung von Haltung und Bewegung festgestellt werden. Diese Prozesse sind einerseits genetisch individuell unterschiedlich festgelegt und werden andererseits durch individuell unterschiedliche Förderung beeinflusst. Das Spektrum normaler Entwicklung ist äußerst breit. Die Zeiträume für das Erreichen der Meilensteine der körperlichen, geistigen und psychischen Entwicklung erstrecken sich über mehrere Monate. Die Wege zum Erreichen motorischer Meilensteine sind mitunter sehr unterschiedlich. Viele Kinder erreichen das Gehen über das Krabbeln und den Kniegang, nicht wenige über das Sitzrutschen.

Eine Entwicklungsverzögerung könnte vorliegen, wenn Kinder eine zu niedrige Muskelspannung aufweisen um ihren Kopf oder Körper ausreichend stützen zu können, wenn Hände/Arme oder Beine einseitig deutlich weniger benutzt, eventuell in Schonhaltung eingeschränkt bewegt werden oder bestimmte Bewegungen auf einer Körperseite nicht möglich sind.

Werden motorische Meilensteine, wie das Sitzen mit etwa 10 Monaten, Krabbeln mit etwa 12 Monaten und freies Gehen mit 18 Monaten nicht erreicht, ist eine neuropädiatrisch-orthopädische Untersuchung notwendig. Bei der entwicklungsdiagnostischen Untersuchung werden sensorische und motorische Bewegungsstörungen, wie eine Seh-, Hör-, Gleichgewichtsstörung, periphere Lähmung, eine Cerebralparese (Entwicklungsstörung des Gehirns, die mit Lähmungen und Wahrnehmungsbeeinträchtigung einhergehen kann) oder Muskelerkrankung ausgeschlossen.

Auch beim älteren Kind gibt es Gesetzmäßigkeiten beim Wachstum und der Reifung des Bewegungsapparates. Bei allen Auffälligkeiten wird Ihre Kinderorthopädin bzw. Ihr Kinderorthopäde im Rahmen einer eingehenden Untersuchung statische und motorisch-sensorische Ursachen unterscheiden. Häufig auftretende Verzögerungen der Beinachsen-Entwicklung, Fußstellung und Wirbelsäulenentwicklung, biomechanisch bedingte Kompensationsbewegungen oder projizierte Schmerzen machen sehr oft eine grundlegende Analyse des gesamten Bewegungsapparates notwendig, um deren Ursachen zu ergründen und Behandlungsansätze zu finden.

Bei etwa 5% aller Kinder können Auffälligkeiten der Bewegung als Reifungsverzögerung der Feinmotorik, Koordination oder Wahrnehmungsfunktionen festgestellt werden. Kinder mit einer sogenannten minimalen cerebralen Dysfunktion sollten im Grundschulalter erkannt, aber nicht in jedem Fall behandelt werden. Eine Förderung ihrer Defizite ist im pädagogischen oder sportmotorischen Bereich möglich.

Bei einem Fortschreiten von Auffälligkeiten der Bewegung und Haltung ist eine medizinische Untersuchung unbedingt notwendig. Frühformen seltener neuromuskulärer Erkrankungen müssen ausgeschlossen werden, beispielsweise bei Vorliegen einer Muskelschwäche z.B. Probleme beim Treppensteigen und Stolperneigung z.B. bei Müdigkeit oder Dunkelheit.

Ziel jeder Behandlung ist immer die langfristig schmerzfreie Mobilität bis ins hohe Erwachsenenalter. Die optimale, sanfte und effektive Behandlung durch spezielle Therapien, kindgerechte Schuhe, Einlagen und Orthesen und manchmal auch Operationen nützt den richtigen Zeitpunkt, Zeiträume und biologische Kräfte des Wachstums und der Reifung aus, um dieses Ziel mit dem geringstmöglichen Einsatz zu erreichen.

Alle Kinder klagen irgendwann im Laufe Ihres Wachstums über Beinschmerzen. Allzu schnell wird dann die Diagnose „Wachstumsschmerzen“ gestellt. Sehr häufige Ursachen sind Überbeanspruchungen und  Gelenkreizungen nach Virusinfektionen. Aber auch einige wichtige Erkrankungen müssen bei jedem Kind ausgeschlossen werden.

Bei der fast alle Kinder zwischen 3 und 8 Jahren zumindest einmal betreffenden Coxitis fugax („Hüftschnupfen“) handelt es sich um eine meist harmlose vorübergehende entzündliche Reizung des Hüftgelenkes. Die Kinder klagen über Leisten- oder Knieschmerzen und übernehmen ungern Gewicht. Die Hüftbeweglichkeit ist eingeschränkt, insbesondere der Einwärtsdrehung, es besteht kein Fieber und keine Zeichen eines schwereren Allgemeininfektes, das Kind fühlt sich wohl, es isst und spielt im Sitzen oder Liegen.

Die Ursache ist nicht vollständig geklärt, sie wird jedoch häufig in Zusammenhang mit Allgemeininfektionen, besonders viralen Infektionen der oberen Luftwege gebracht. Eine Heilung tritt meist ohne Behandlung innerhalb weniger Tage ein. Empfohlen wird die Schonung für etwa 5 bis 7 Tage, entzündungshemmende Medikamente und eine Ultraschallkontrolle, um den Rückgang des Ergusses zu kontrollieren.

Bei hochgradigem Erguss und starken Schmerzen mit vollständiger Gehunfähigkeit in Verbindung mit Fieber und Krankheitsgefühl muss unbedingt eine bakterielle, eitrige Infektion des Hüftgelenkes ausgeschlossen werden. Sofort wird eine Laboruntersuchung und MR-Tomografie vorgenommen werden um die Folgeschäden für das Gelenk so gering wie möglich zu halten. Die septische Arthritis (eitrige Gelenkentzündung) stellt in jedem Lebensalter einen orthopädischen Notfall dar.

Schmerzhinken oder fehlende Gewichtsübernahme im Kleinkindalter ist gelegentlich Folge eines harmlosen Morbus Köhler I des Kahnbeins des Fußes, der meist im Alter zwischen 3 und 8 Jahren auftritt und gut auf einige Tage Schonung anspricht. Selten ist eine Einlagen- oder Gipsbehandlung notwendig.

Beim Morbus Perthes handelt es sich um eine Erkrankung des Hüftgelenks, meist zwischen dem 4. und 8. Lebensjahr, die innerhalb von etwa 2 bis 4 Jahren selbstheilend abläuft, jedoch eine schwere anhaltende Schädigung des Gelenks verursachen kann.

Fußschmerzen im Kindesalter sind gelegentlich Folge von wachstumsbedingten Erkrankungen der Fußwurzelknochen. So kommt es z.B. bei barfuss laufenden 6-12jährigen Kindern sehr häufig zu einer vorübergehenden Reizung der Wachstumsfuge im Bereich des Fersenbeins (Apophysitis calcanei). Aber auch an eine Verwachsung einzelner Fußwurzelknochen (Coalitio) muss gedacht werden.

Im Pubertätswachstumsschub muss an Erkrankungen der Wachstumsfugen gedacht werden, besonders an die Hüftkopf-Wachstumsfugenlösung und den häufigen Morbus Schlatter der Schienbein-Wachstumsfuge, der einer Schonung und Therapie bedarf.

Schmerzen des Bewegungsapparates im Kindesalter, besonders wenn sie kurzdauernd, einseitig, lokalisiert auftreten und mit Funktionsstörungen oder veränderten Laborbefunden einhergehen, bedürfen immer einer exakten medizinischen Abklärung. Chronische Entzündungen (z.B. Osteomyelitis), Bluterkrankungen (z.B. Leukämie), Tumoren (z. B. Ewing-Sarkom) werden von Ihrer Ärztin bzw. Ihrem Arzt ausgeschlossen.

Mein Säugling hat seltsame Füße

Säuglingsfüße sehen zwar schon so ähnlich aus wie Füße älterer Kinder, aber sie können „von ihren Besitzern“ noch nicht so gut gesteuert und bewegt werden. Es wird noch ca. ein Jahr dauern, bis sie ihren Besitzer tragen können. Erst nach zwei bis drei Jahren werden sie beim Laufen und Springen in vollem Einsatz sein.

Die Form der Füße - zum Zeitpunkt der Geburt- hängt davon ab, wie sie in den letzten Wochen der Schwangerschaft gelegen sind und wie viel Beweglichkeit sie im Mutterleib erlernen konnten. Meist sind die Fußsohlen einander zugewandt. Das nennt man Kletterfüße. 

Findet man von sichelförmig gebogene Füße mit einer kleinen Falte, dann nennt man diese Sichelfüße. Diese können ganz weich oder sehr steif sein, sind aber immer gut zu behandeln.
Gelegentlich findet man eine entgegengesetzte Form: die Füße sind nach außen gedreht und die Ferse ist stark nach außen geknickt: Das nennt man Flossen- oder Knickfüße.

Manchmal liegt der Fußrücken am Schienbein an, was man Hackenfuß nennt.

Oder die Ferse steht hoch und die Zehenspitzen zeigen nach unten: sogenannte Spitzfüße. Oder sie haben, was selten schon im Säuglingsalter vorkommt, ein starkes Fußlängsgewölbe: angeborene Hohlfüße. Ebenfalls sehr selten sind- platte und steife Füße: angeborene Plattfüße. Wenn steife Spitzfüße mit Sichelfüßen kombiniert sind, kann ein Klumpfuß vorliegen.

Testen Sie, ob die Fehlstellung weich ist und der Fuß leicht in die normale Stellung gebracht werden kann. Kinderorthopäden überprüfen dies immer, um festzustellen, ob es sich um eine meist völlig harmlose weiche Fehlhaltung oder um eine häufig behandlungsbedürftige steife Fehlform handelt.

Weiche Fehlhaltungen können durch massageartiges Dehnen des kleinen Fußes und Stimulation der Haut aufgelöst werden. Den Eltern werden diese Übungen gezeigt. Nach einigen Wochen ist diese Fußfehlhaltung in den überwiegenden Fällen nicht mehr zu erkennen.

Die meisten steiferen Fußfehlformen lassen sich sehr gut mit Gipsen oder Schienchen ohne Operation behandeln, wenn kurz nach der Geburt damit begonnen wird. Steife Klump- und Plattfüße sind leider deutlich hartnäckiger und es ist zusätzlich meist ein kleiner operativer Eingriff notwendig.

Ist mein Kind schief

Alle Säuglinge kommen „schief“ zur Welt. Ihre Bewegungssteuerung muss erst allmählich in den ersten 3-5 Monaten reifen. Die Motorik ist während dieser Zeit noch nicht ganz symmetrisch. Aber bei einem gesunden Säugling können Sie Monat für Monat eine „Besserung“ und zunehmende Symmetrie und Bewegungsaktivität bemerken. Eine geringe Asymmetrie, wie die „Händigkeit“, die Bevorzugung einer Hand zum Greifen ist normal und wird dauerhaft bestehen bleiben. Sie bedarf keiner Therapie und hat keine ungünstigen Auswirkungen auf die weitere Entwicklung Ihres Kindes.

Wenn Säuglinge keine zunehmende Symmetrie der Haltung, Bewegung und des beidseitigen Einsatzes der Arme und Finger entwickeln, ist jedoch unbedingt eine Kontrolluntersuchung zunächst beim Kinderarzt erforderlich. Bei Auffälligkeiten wird er Sie zu Fachärzten für Neuropädiatrie und/oder zu uns Kinderorthopäden überweisen, um Frühsymptome einer möglicherweise frühzeitig gut behandelbaren Erkrankung rechtzeitig zu entdecken.

 Auch bei Asymmetrien der Haltung und Bewegung im späteren Kindesalter sollten Sie Ihr Kind vorstellen.

Bei einer Asymmetrie der Hüftbeweglichkeit wird eine kinderorthopädische Untersuchung mit Hüftultraschall-Kontrolle notwendig sein um eine Hüftentwicklungsstörung auszuschließen (siehe Hüftdysplasie).

Bei einer Symmetrie der Kopfbeweglichkeit wird eine umfassende Untersuchung der Reifungsentwicklung, der Augen, Ohren, des Gleichgewichtsorgans, der Halsmuskeln, und der Halswirbelsäule vorgenommen und je nach Ursache eine zielgerichtete Behandlung eingeleitet (siehe Muskulärer Schiefhals).

Bei Asymmetrien der gesamten Motorik in Verbindung mit einer Entwicklungsverzögerung wird eine neuropädiatrische Untersuchung und bewegungsfördernde Physiotherapie empfohlen werden (siehe Cerebralparese).

Bei Asymmetrien des Schädels kann eine kieferchirurgische Untersuchung und bei schweren Schädelasymmetrien eine Physiotherapie und eine das Schädelwachstum lenkende Helmtherapie notwendig werden. In Einzelfällen muss auch an eine Wachstumsstörung im Bereich der Schädelknochen gedacht werden, was eine Vorstellung in der Neurochirurgie erforderlich macht.

Läuft mein Kind richtig?

Im Kleinkindalter ist Hinken häufig das einzige Symptom, das zur Diagnose von Erkrankungen der wachsenden Beine führt. In diesem Alter projizieren Kinder Schmerzen meist in die Kopf und Bauchregion.

So gehört es zu unseren Hauptaufgaben als Kinderorthopäden ein Schmerz- oder Schonhinken von einem Verkürzungs- und Lähmungshinken zu unterscheiden. Alterstypische Ursachen für Schmerzen oder Gangstörungen können so meist schnell gefunden und gezielt behandelt werden.

Weitere Auffälligkeiten des Gangbildes zeigen sich bei einer verzögerten oderfehlenden Beinachsen-Entwicklung.

Bei O-Beinen im Kleinkindalter und X- oder O-Beinen ab dem Volksschulalter ist eine kinderorthopädische Diagnostik und in schweren Fällen eine Wachstumslenkung erforderlich. Eine rechtzeitige minimal-invasive Operation im Wachstumsalter kann in den meisten Fällen eine Umstellungsoperation im Erwachsenenalter verhindern helfen.

Das im Kindesalter sehr häufige Einwärts- und Auswärts-Gangbild bedarf zunächst einer Unterscheidung ob eine funktionelle, also motorisch bedingte, oder eine anatomische, knöchern bedingte Ursache vorliegt. Dies kann die Kinderorthopädin oder der Kinderorthopäde im Rahmen einer Untersuchung sehr schnell feststellen. Er wird zwischen einer Torsion (Drehfehlform) und Rotation (Drehfehlbewegung eines Gelenkes) unterschieden: Torsionsstörung ist eine Verwindung der anatomischen Achse eines Knochens in seiner Längsachse. Rotationsstörung bezeichnet man eine Fehlbewegung eines Gelenkes um eine feststehende Drehachse.

Eine funktionelle Einwärtsdrehung (Innenrotation) der Beinachse ist meist Folge eines muskulären Ungleichgewichts, sodass die Gruppe der einwärtsdrehenden Muskeln stärker als die auswärtsdrehenden aktiv ist. Dies ist zum Beispiel bei neuromotorischen Erkrankungen der Fall. Das funktionelle Einwärtsgangbild kann besonders bei bis zu diesem Alter noch nicht erkannten, minimalen und leichten Formen motorischer Bewegungsstörungen einen ersten Hinweis für eine genaue entwicklungsneurologische Untersuchung des Kindes liefern. Auch eine funktionelle Außendrehung (Außenrotation) kommt vor.

Bei einer knöchernen Fehlform (Torsion) wird die Kinderorthopädin oder der Kinderorthopäde in einem zweiten Schritt klären, auf welcher Ebene der Drehfehler besteht: im Oberschenkel-, Unterschenkel- oder Fußbereich.

Mein Kind läuft auf den Zehen

Laufen auf den Zehen ist eine natürliche Fortbewegungsart. Die Vorspannung der Wadenmuskeln und damit deren Kraft sind erhöht, was in bestimmten Situationen des Sports oder bei Muskelschwächen einen Vorteil bieten kann. Auch kann die kleinere Auftrittsfläche bei kaltem und heißem Boden oder zur Vermeidung unerwünschter Lärmentwicklung vorteilhaft sein.

Im Laufe der Reifung des Gangbildes entscheiden sich viele Kinder unbewusst „habituell“ für einige Jahre bevorzugt auf den Zehenballen zu laufen. Der beidseitige Zehenballengang führt zu einer effizienten Art der Fortbewegung. Selten kommt es beim habituellen Zehengang zu Muskelveränderungen, wie fixierten Verkürzungen. Der vorübergehend auftretende habituelle Zehenballengang bedarf daher nur selten einer Behandlung.

Bei psycho- oder sensomotorischen Haltungsstörungen mit einer Vorverlagerung des Körperschwerpunktes können Kinder mittels ausschließlicher Vorfußbelastung besser und sicherer gehen. Der Zehenballengang ist in diesem Fall zur Kompensation notwendig und darf nicht „behandelt“ werden.

Eine weitere sehr häufige Ursache des Zehenballengangs ist eine Verkürzung der Wadenmuskulatur. Unterscheiden muss man dabei eine funktionell-dynamische Verkürzung des Wadenmuskels, die nur bei Gewichtsübernahme, z.B. bei spastischen Bewegungsstörungen, auftritt von einer strukturell-anatomisch zu kurzen Wadenmuskellänge, die dauerhaft ist und durch Dehnen nicht behandelt werden kann. Wichtig ist in diesen Fällen die Entstehungswege dieser Veränderungen zu entdecken, damit eine gute, langfristig wirksame Behandlung eingeleitet werden kann.

Wadenmuskelverkürzungen können in Familien gehäuft vorkommen. Oft entwickeln sich daraus Fußfehlstellungen, wie schmerzhafte Knickplattfüße. Nur selten kann eine genetische Ursache, wie eine angeborene Erkrankung der Bein- und Arm-Nerven (hereditäre motorisch-sensorische Neuropathie) gefunden werden.

Ist eine Fußhebeschwäche für die Überaktivität bzw. Verkürzung der Wadenmuskeln verantwortlich, müssen die Fußhebemuskeln gekräftigt oder mit einer Schiene unterstützt werden. Ist dies nicht möglich, kann ein Dehnen der Wadenmuskulatur mittels Orthesen oder eine dosierte operative Verlängerung notwendig sein.

Auch angeborene und durch neuromotorische Erkrankungen erworbene Fußfehlstellungen mit Spitzfußkomponente können zu strukturellen Wadenmuskelverkürzungen mit Zehenballengangbild führen.
Diese funktionell störenden Muskelverkürzungen bei neuromotorischen Erkrankungen oder angeborenen Fehlbildungen müssen nach einer Analyse der Kräfteverhältnisse an allen Gelenken zur Verbesserung des Gangablaufes meist operativ korrigiert werden.

Zur operativen Verlängerung der verkürzten Wadenmuskeln  hat sich die Operation nach Strayer-Thom bewährt. In Vollnarkose wird am Übergang der Achillessehne in den Wadenmuskel die sehnige Einstrahlung v-förmig geritzt, wodurch sich der Muskel durch Dehnung um einige cm verlängern lässt. Am Tag nach der Operation kann (meist ohne Gips) mit Bewegungsübungen und vorsichtigen Steh- und Gehversuchen begonnen werden. Diese sind in den Wochen nach der Operation wichtig um eine neuerliche Verkürzung zu vermeiden.

Mein Kind hat platte Füße

Bei Gehbeginn haben alle Kinder Plattfüße. Fettgewebe im Bereich der Fußsohle, normalerweise noch lockere Bänder und die fehlende Reife der Feinsteuerung der Fußmuskulatur lässt das Fußgewölbe abgeflacht erscheinen. Die sogenannten flexiblen Knick-, Senk-, Platt-, Knick-Senk- oder Knick-Platt-Füße sind in den ersten Lebensjahren in der Regel Entwicklungsstadien einer noch unreifen motorischen Steuerung der Fußmuskeln.

Dies ändert sich allmählich im Kleinkindalter: Je nach motorisch-sensorischer Reifung kann man bei immer weniger Kindern ein abgeflachtes Fußgewölbe beobachten. Bis im Alter von etwa 10 Jahren nur noch bei 10% der Kinder ein Knickplattfuß besteht.

Bei schweren Formen mit Schmerzen, Bewegungseinschränkung und Muskelungleichgewicht, beispielsweise bei Lähmungen, handelt es sich um einen schon ab dem Kleinkindalter behandlungsbedürftigen Plattfuß. Hier ist eine dauerhafte Spezialeinlagen- Schuh- oder Orthesen-Versorgung erforderlich, um eine langfristig schmerzfreie Mobilität zu erreichen.

Zu bedenken ist, dass auch eine angeborene, aber meist erst im Schulalter bemerkte Verwachsung von Fußwurzelknochen (Coaleszenz) einen schmerzhaften Knickplattfuß vortäuschen kann. Nur eine spezielle Röntgenuntersuchung kann diese Diagnose bestätigen.

Bei den viel häufigeren leichten Formen kann aufgrund der oben beschriebenen Reifung erst ab dem Vorschulalter von einem krankhaften Plattfuß gesprochen werden. Sehr oft findet man bei diesen leichten Knickplattfüßen als Ursache eine verkürzte Wadenmuskulatur.  Wir Kinderorthopäden empfehlen in diesem Fall ein Dehnen der verkürzten Wadenmuskulatur, im Grundschulalter eventuell mittels Nachtlagerungsschiene in Überkorrekturstellung.

Zur Behandlung des flexiblen Knickplattfußes im Kindesalter verordnen wir muskelaktivierende sensomotorische Einlagen um die unbewusste, aktive Aufrichtung des Fußgewölbes durch die kleine Fußmuskulatur zu unterstützen.

Den gleichen schmerzfreien, aber deutlich stärkeren unbewusst aktivierenden Effekt hat die Einbringung einer Schraube ins Fersenbein mittels der minimal-invasiven Arthrorise-Operation. Diese kann als vorbeugende Operation helfen noch während des Wachstums einen normal belastbaren Fuß zu erreichen und spätere Schmerzen und größere Operationen zu vermeiden.

Mein Kind hat einen schiefen Rücken

Eine auffällige Körperhaltung und Asymmetrien der Wirbelsäule gehören zu den häufigsten Vorstellungsgründen in der Praxis. Oft ist es auch ein schmerzhafter Muskelhartspann oder ausstrahlende Schmerzen in Verbindung mit Fehlhaltungen oder bereits strukturellen Fehlformen der Wirbelsäule, die einen Anlass zur Untersuchung geben. Auch an der Wirbelsäule müssen harmlose Überlastungen von sich entwickelnden Fehlstellungen mit Konsequenzen für das Erwachsenenalter unterschieden werden.

Haltung ist ein dynamischer Vorgang, ein Gleichgewichtszustand zwischen der Schwerkraft einerseits und den aktiven muskulären und passiven Bandstrukturen andererseits. Sie ist Ausdruck einer während der menschlichen Evolution gemeinsam mit dem aufrechten Stehen und Gehen entwickelten Höchstleistung des menschlichen Bewegungssystems.

Für Kinder ohne Störungen ihrer Psychomotorik stellt die kontinuierliche Anpassung ihrer Körperhaltung an die Umweltbedingungen kein Problem dar, sie erfolgt unbewusst. Kinder mit beispielsweise psychischen Problemen oder Nerven- oder Muskel-bedingten Störungen sind nicht immer in der Lage eine aktive aufrechte Haltung über einen ausreichenden Zeitraum einzunehmen. Bei einer schweren neuromotorischen Störung ist eine aktive Anpassung oder Änderung der Haltung nicht erreichbar, da eine ausreichende gezielte Muskelsteuerung fehlt.

Das Symptom der Haltungsstörung unterliegt einer Vielzahl von Einflüssen, ist quantitativ nicht messbar und muss qualitativ beurteilt werden. Eine exakte kinderorthopädische Untersuchung umfasst die Bestimmung von Knochen- und Gelenkdeformitäten, Achsenfehlstellungen,  des Grades muskulärer Schwäche, Verkürzung oder Kontraktur, sensorischer, propriozeptiver und kognitiver Funktionen und der Persönlichkeit des Kindes.

Leider sind die Begriffe „Haltung“, „Haltungsschwäche“ und „Fehlhaltung“ trotz umfangreicher wissenschaftlicher Literatur weder exakt definiert noch ihre möglichen Auswirkungen auf unseren Organismus durch Langzeituntersuchungen belegt.

Wichtig sind die Unterscheidung und das rechtzeitige Erkennen einer eventuellen Entstehung von wachstumsbedingten strukturellen Wirbelsäulenverformungen.

Eine seitliche Abweichung wird als Skoliose bezeichnet. Eine Abweichung nach vorne als Rundrücken oder Kyphose, nach hinten als Hohlkreuz oder Lordose.

Diese in der Regel während des Wachstums fortschreitenden Fehlformen führen unbehandelt zu Einschränkungen der Atembewegungen und Schmerzen im Erwachsenenalter. Sie bedürfen daher einer konsequenten Behandlung im Kindesalter.